Philipp Ikrath / Bernhard Heinzlmaier: Generation EGO – die Werte der Jugend im 21. Jahrhundert (2013) 📙

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Meine Notizen

  • Verantwortung fĂŒr die eigene Zukunft
  • alles ist vorĂŒbergehend; Zwischenstationen: Beruf, Partner, Lernen
  • GlĂŒck ≠ Besitz
  • Vielfalt der Möglichkeiten -> Angst vor der falschen Wahl, etwas zu verpassen
  • Ideelles Mehr: persönliche Weiterentwicklung, andauernde VerĂ€nderung der Lebenssituation
  • VerĂ€nderungsbereitschaft = Pflicht jedes Einzelnen
    • „Sie gilt als Grundvoraussetzung fĂŒr ein gelungenes Leben, denn nur wer sich verĂ€ndert, wird die sich ihm bietenden Chancen flexibel erkennen und nutzen können.“
  • „Besser geht immer.“
  • Belastbarkeit + FlexibilitĂ€t = kulturelle Leitwerte
    • SchlĂŒsselanforderung fĂŒr alle Lebensbereiche (Beruf und privat)
    • Planbarkeit nimmt ab ; Zukunft ≠ Gegenwart
  • Die ganze Gesellschaft orientiert sich an „jugendlichen” Eigenschaften wie FlexibilitĂ€t und Belastbarkeit; KontinuitĂ€t ist als Statik verschrien.
    • Senioren = Junggebliebene (vgl. Zielpunkt Seniorentag)
  • Wertewandel, nicht Werteverlust
  • Klassische bĂŒrgerliche Bildung nimmt ab (Kanonbildung)
  • „Vermarktwirtschaftlichung der Gesellschaft”: Ökonomische Werte („Preis”) im Vordergrund; gesellschaftliches Handeln folgt Marktlogik
  • Karl Marx: Idealistische Wertediskurse dienen lediglich dazu, das banale ökonomische Streben und den regierenden Eigennutz zu verschleiern. 
  • Man kann nicht Werte festlegen, ohne gleichzeitig Un-Werte zu definieren, ohne gleichzeitig ab-zu-werten
    • Interessante intellektuelle Übung: Wenn du deine Werte kennst
 was sind dann deine Un-Werte?
  • Clyde Kluckholm: Werte = „Auffassungen des ErwĂŒnschten”, was Menschen „wollen sollten”; Werte ≠ gesellschaftliche Normen
  • Jedes Denken und Handeln muss sich marktwirtschaftlichen Regeln wie Effizienz, NĂŒtzlichkeit, Verwertbarkeit, FunktionsfĂ€higkeit und RentabilitĂ€t unterordnen
    • => „Marktgesellschaft“
    • EPU haben dieses Denken u.U. besonders stark verinnerlicht, weil sie ihr komplettes Leben (und nicht nur ihr berufliches!) unter den Marktgedanken stellen und darin sogar noch einen Segen fĂŒr sich sehen.
    • Sind EPU/Solopreneure/Lifestyle Entrepreneure daher Menschen, die gegen die Gesellschaft rebellieren oder die in Wirklichkeit die Marktgesellschaft so stark verinnerlicht haben, dass sie nur glauben, gegen den Strom zu schwimmen?
  • MĂŒĂŸiggĂ€nger sind delegitimiert, Kontemplation verdĂ€chtig, weil im marktökonomischen Sinn nicht produktiv
    • => „Kulturverlust” = Entwertung von „zweckfreiem” Leben
  • Der Erwerbsarbeit haben sich andere Lebensbereiche unterzuordnen (Soziales, Familie, Kinder, u.U. Gesundheit); ehemals Privates wird an externe Dienstleister ausgelagert, z.B. Kinderbetreuung, Hochzeitsplanung, PutzkrĂ€fte
    • => „Fundamentalökonomisierung”: Es gab noch nie so viel Markt wie heute.
    • => Ein Mensch oder eine Gruppe werden akzeptiert, wenn er/sie einen entsprechenden Beitrag zum Wirtschaftsleben leisten. Sonst wird’s schwer (vgl. Arbeitslosigkeit, Langzeitarbeitslose, FlĂŒchtlinge).
  • Der Kapitalismus funktioniert nach dem Prinzip „Gewinn und Verlust“. Er braucht keinen Sinn, der ĂŒber diesen spannungsreichen Gegensatz hinausgeht.
    • => Der Kapitalismus und die Marktgesellschaft haben also notwendigerweise ein Sinndefizit!
    • Aber die jungen Menschen brauchen den Schutz vor der sinnfreien ökonomischen Dynamik der MĂ€rkte und
    • sie brauchen darĂŒber hinaus einen Lebenssinn, der ĂŒber den Austausch von GĂŒtern mit Gewinn und Verlust hinaus geht. 
    • Woher soll dieser Sinn kommen? Kultur? Familie? Partnerschaft? Social Media?
  • „Feierabendmelancholie”: GefĂŒhl der Leere, Einsamkeit, Entfremdung, Sinnlosigkeit bei postmodernen jungen Entrepreneuren: Was ist außer Arbeitserfolg und beruflichem Netzwerk ĂŒbrig?
    • Auch Freundschaften unterliegen der Kosten-Nutzen-Rechnung
    • So entstehen funktionale, nicht tiefe emotionale Bindungen
  • Alasdair MacIntire: Ă€ußere vs. „inhĂ€rente” GĂŒter
    • InhĂ€rente GĂŒter strebt man um seiner selbst Willen an
    • Äußere GĂŒter wegen dem persönlichen Gewinn, der mit dem Gut selbst nichts zu tun hat.
    • InhĂ€rentes Gut -> Gebrauchswert (Marx)
    • Äußeres Gut -> Tauschwert (materielle Gratifikation, Statusgewinn)
    • Bsp: Der Student wĂ€hlt sein Studium nach dem Einkommen und der sozialen Akzeptanz -> pragmatische Jugendliche; angepasste, adrette Mitmacher: Nicht mehr das System soll verĂ€ndert werden, sondern der eigene Charakter, um sich besser ins System einpassen zu können.
  • Rebellentum ist mĂŒhsam, weil es im Kopf beginnt. Bevor der Rebell sich nach außen wendet, muss er sich mit sich selbst beschĂ€ftigen.
    • Grundlage der Rebellion = Reflexion
  • Individualismus/Individualisierung: Gier nach Unverwechselbarkeit
    • Konformismus als Vorwurf
  • „Reintegrationsfunktion” durch professionelle Berater, Coaches…
  • Individualisierung ist sowohl positiv als auch negativ; und relativ neu.
  • Prozess der Zivilisation (Norbert Elias) = (unbewusste) Umwandlung von FremdzwĂ€ngen in SelbstzwĂ€nge.
    • Mensch soll sich selbst kontrollieren (möglichst im Sinne der MĂ€chtigen)
    • z.B. private Pensionsvorsorge: Positiver Anreiz = Steuervorteile; negativer Anreiz = Angst vor Altersarmut
    • Wird nicht gezwungen, sondern ist selbst fĂŒr sein Wohl und Weh verantwortlich. 
    • Muss sich selbst zwingen, „etwas aus seinem Leben zu machen”.
  • Wahrnehmung richtet sich auf persönliche Verantwortung statt auf strukturelle ZusammenhĂ€nge und Verantwortung (z.B. Arbeitslosigkeit)
  • Man wird nie mit irgendwas fertig: Unternehmer, Weiterbildung, Dienstleistung, 

  • Psychomacht: Managementlehre, Management
  • Dagegen zu rebellieren ist schwierig.
  • Individualisierung = Umwandlung von Fremd- in Selbstzwang
    • Paradox, dass in hochgradig individualisierten Gesellschaften der KonformitĂ€tsdruck wĂ€chst.
    • Es wird suggeriert, dass man nur dann wahrhaftig individuell sein kann, wenn man sich konform verhĂ€lt.
  • Manfred Prischnig: Moderne IndividualitĂ€t = mentale KonformitĂ€t + dekorative DiversitĂ€t
    • Man zeichnet sich nicht durch OriginalitĂ€t im Denken aus, sondern durch OriginalitĂ€t in der SelbstprĂ€sentation.
    • Man individualisiert sich ĂŒber Mode, Freizeitvorlieben und Erlebnisse und ĂŒbersieht darĂŒber die KonformitĂ€t der Geisteshaltungen
    • Problem: Menschen sind sich dessen nicht (mehr?) bewusst!
  • Steigende Bedeutung der KreativitĂ€t
    • Erzeugung mittels KreativitĂ€tstechniken; Zwang zur KreativitĂ€t (Partnerschaft, Kunst)
    • KreativitĂ€t = Weiterentwicklung, Steigerung; nicht kreativ = Stillstand
    • KreativitĂ€t ist immer positiv
    • Kreative Berufe sind sehr begehrt (Schauspieler, SĂ€nger, Werbung, 
)
  • Religion
    • Man pickt sich aus dem Bestehenden jene Elemente raus, die einem zusagen und bastelt sich daraus „sein eigenes Ding” / kreatives Patchwork
    • Lediglich 3% der österreichischen Jugendlichen bezeichnen sich als religiös
    • Mehr bezeichnen sich als „spirituell”; was spirituell bedeutet, bleibt aber oft diffus: Hochgradig undogmatische SpiritualitĂ€t vermischt Elemente unterschiedlichster Religionen miteinander und vermischt diese mit esoterischem Gedankengut – gibt aber keine verbindlichen Handlungsregeln her!
  • Als opportun erscheint das unmittelbar NĂŒtzliche; Moral ist weniger wichtig.
  • Ulrich Bröckling: Das Unternehmerische Selbst: Mensch ist gleichzeitig Regisseur, Hauptdarsteller und Produzent des eigenen Lebens
  • Depression ist die Krankheit des unternehmerischen Selbst
    • Verzweiflung daran, immer nur ein unabgeschlossenes Projekt zu sein, ohne jemals ans Ziel zu kommen
  • Starker Leistungsdruck fĂŒr 14-29-JĂ€hrige: Schule, Studium, Arbeit -> „Managerkrankheiten“
    • Klagen, dass Schule/Arbeit keine Freude (mehr) macht
    • ÜbergĂ€nge im Lebenslauf sind hochgradig angstbesetzt
  • Castingshows als Sinnbild der individualisierten Konkurrenzgesellschaft (S. 70 – 73)
  • Das Selbst ist ein Provisorium: Persönlichkeitsentwicklung, -optimierung
  • Beschleunigung der Lebensbereiche betrifft besonders Jugendliche
  • Roland Inglehart: Materialistische vs. postmaterialistische Werthaltung
    • postmateriell entsteht bei materiell stabiler Sozialisation
    • materiell entsteht bei materiell unsicherer Sozialsiation
    • materiell ≠ nur Geld, sondern v.a. Sicherheit, StabilitĂ€t, KontinuitĂ€t
    • postmaterialsitisch = Selbsterfahrung, Persönlichkeitsentwicklung
  • Wiederkehr des Materialismus als Reaktion auf Unsicherheit
    • Aber: Mehr als 70% der Studierenden sind Postmaterialisten
    • Protest wird ĂŒber die Geldbörse ausgedrĂŒckt: Bio, Fairtrade
  • Die Mehrheit der heute lebenden jungen Menschen scheint nahezu gĂ€nzlich frei von Zivilcourage
  • WĂ€hrend sich in der Wirtschaft FreirĂ€ume öffnen, werden sie fĂŒr die Zivilgesellschaft auf vielfache Weise geschlossen. Es kann kaum verwundern, dass sich auf diese Art der Staat bei den jungen Menschen unbeliebt macht
  • Verzicht, BedĂŒrfnisaufschub und Orientierung am Großen und Ganzen sind nicht mehr angesagt.
  • Die pragmatische Generation -> „besonders intensive Art der SelbstbezĂŒglichkeit“
    • Der LĂŒge zum eigenen Vorteil stehen die Jugendlichen bei weitem nicht so ablehnend gegenĂŒber wie dem Steuer- und Sozialbetrug => (moralischen) Anspruch hat nur jemand, der auch etwas „leistet“
  • Zu mĂŒde zum Protestieren: Leistungsdenken erlaubt keine Zeit wĂ€hrend des Studiums zum Protestieren
    • In seiner Freizeit will man dann auch nicht…
    • Protest ja, aber nur fĂŒr eigene Anliegen.
    • Die Menschen beschĂ€ftigt halten, dann haben sie auch keine Zeit zum Reflektieren und Protestieren (vgl. EPU/WKO)
  • Eine Gesellschaft, in der der Preis den Wert ersetzt, tendiert dazu, Bildung durch Ausbildung zu ersetzen.
  • Notwendig: Selbstreflexion statt Selbstdarstellung und Selbstvermarktung
    • Selbstreflexion (Wer bin ich?) ist Voraussetzung fĂŒr Selbstvermarktung
    • Wird in der Schule nicht mehr gelernt, weil Schule kein Ort der Kontemplation und des Denkens mehr ist (Liessmann)
  • WĂ€hrend das private Leben rationaler wird, wird das Berufsleben emotionaler
    • Psychologisierung der Managementlehre
    • Zufriedene Menschen leisten mehr, lautet das Credo der neoliberalen Wirtschaftspsychologie
  • Work-Life-Balance, also die Trennung Beruf-Privat, ist sehr wohl noch ein Thema!
  • Wir leben in einer arbeitszentrierten Gesellschaft:
    • Weite Teile der Jugend bilden ihre IdentitĂ€t primĂ€r ĂŒber ihre Berufsrolle aus.
    • Status und Anerkennung werden in unserer Gesellschaft v.a. ĂŒber Berufserfolg und BildungsabschlĂŒsse vergeben.
    • Deswegen sind Teilzeitjobs auch nur fĂŒr einen geringen Teil der Jugendlichen attraktiv.
  • Die jungen Leute nehmen es offenbar als eine existenzielle Lebensaufgabe wahr, an der Entwicklung der Wirtschaft und ihren Erfordernissen dranzubleiben.
  • Durch Arbeitslosigkeit entsteht Definition ĂŒber FreizeitaktivitĂ€ten. 
  • Viele suchen ihr Berufsideal in Freiberuflichkeit und SelbstĂ€ndigkeit.
    • Fast 40% versuchen, einem AutoritĂ€tsverhĂ€ltnis zu entgehen.
  • Arbeitswelt vs. Freizeit: Ist das Leben nun Selbstdiziplinierung oder Fun und Action?
    • Rhythmus des Wechsels zwischen Spaß und Anstrengung
    • Aufteilung in einen Arbeits- und einen Freizeitmenschen
  • Hedonisten versuchen, Freizeitwerte auf die Arbeit zu ĂŒbertragen; machen nur jene Aufgaben gern, die auch Spaß machen; sonst Dienst nach Vorschrift.
  • Berufsmenschen ĂŒbertragen Werte der Arbeitswelt auf die Freizeit: Konkurrenzdenken auch in der Freizeit („Performer”)
  • Bobos sind durchaus beruflich ambitioniert, aber mit Maß und Ziel.
    • Genauso wichtig sind Familie, Pop- und Hochkultur
    • = Post-Materielle (im Sinus-Milieu)
  • Die Ästhetik des Produktes, sein Lifestyle, sein emotionales Versprechen, 
 = wichtige Faktoren fĂŒr Markterfolg
  • Interessanter Gedanke: Musik wird in Zukunft weniger nach Genres eingeteilt, als nach Nutzungszwecken
    • Musik ≠ Kunst, sondern Gebrauchsgegenstand, der jederzeit gratis zugĂ€nglich ist
    • Vgl. Derek Sivers: „Yoga-Musik“ verkauft sich besser, weil sie eine Funktion hat.
  • Ein Bildungssystem, das an den BedĂŒrfnissen des Arbeitsmarktes und der Wirtschaft orientierte Kompetenzen vermittelt, kann keine Individuen hervorbringen, die sich selbst und die Welt, in der sie aufwachsen, hinterfragen. 

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