Tag#Alltagsgeschichten

Einladung ins Atelier

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Unlängst, beim Grätzlfest in den Lebenswelten St. Gabriel.

Wir sind mit unseren Kindern dort und etwas unschlüssig, ob wir den angebotenen Kinder-Schnupper-Malkurs wirklich wahrnehmen sollen.

Da kommt die Atelier-Besitzerin schwungvoll raus und fragt uns: „Habt ihr Lust, ein bisschen zu malen? Dann kommt rein!“

Von dieser Einladung bestärkt, folgen wir der Künstlerin, bekommen eine kurze Führung durch ihr Atelier und setzen uns schließlich zum Maltisch.

Dort entsteht ein sehr süßer Pinguin, den es nie gegeben hätte, wenn wir nicht so ausdrücklich und so freundlich eingeladen worden wären.

Ich lerne daraus: Auch, wenn du denkst, es ist offensichtlich, wozu du in deinem Business „einlädst“ und dass du „geöffnet“ hast – es lohnt sich total, diese Einladung immer wieder persönlich und laut und deutlich und freundlich auszusprechen.

Immer und immer und immer wieder.

Ständig im Wettkampf

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Es gibt Menschen, die machen aus allem einen Wettkampf.

Diese ständig kompetitive Art kann den Umgang mit ihnen mühsam machen. Aber am mühsamsten ist es, wenn sie ihre Kämpfe mithilfe Anderer austragen möchten.

Besonders schlimm wird’s, wenn die Kinder ins Spiel geworfen werden. Da wird jeder Elternabend im Hort und jedes Elternforum in der Volksschule zur Kampfarena. Der Papa oder die Mama muss durch das Kind, das gar nicht da ist und das hier instrumentalisiert wird, als „Sieger:in“ hervorgehen.

So zu leben, stelle ich mir sehr anstrengend vor. Egal, ob in der Familie, in der Schule oder im Business.

Denn: Wenn dir die ganze Welt gegen dich gerichtet scheint, wofür lohnt es sich dann eigentlich noch zu kämpfen?

Die Wunder des Internets

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Wenn es das Internet nicht gäbe, und wenn es nicht Plattformen wie TikTok gäbe, dann hätte ich nie Sarah Strohtaler kennengelernt.

Ich kenne Sarah Strohtaler nicht persönlich, und sie kennt mich nicht. Ich kenne sie nur von ihren TikTok-Videos, und ich bin einer ihrer ca. 8.000 Follower.

Aber ich finde sie unglaublich komisch. Sie trifft mit ihren Videos genau meine Art von Humor.

Das ist, bei aller berechtigten Kritik an TikTok und Co, einfach großartig.

Antworten für die Toren

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Wieder mal geärgert über einen depperten Kommentar auf Social Media?

Hier ein paar passende Antworten aus dem Buch Jesus Sirach, geschrieben vor ca. 2.200 Jahren:

🤦 Hört der Verständige ein weises Wort, lobt er es und fügt andere hinzu. Hört es der Leichtfertige, lacht er darüber, er wirft es weit hinter sich.

🤦‍♀️ Wie ein Gefängnis ist dem Toren die Weisheit, Erkenntnis ist dem Unverständigen wie eine Fessel.

🤦‍♂️ Der Tor lacht mit lauter Stimme, der Kluge aber lächelt kaum leise.

🤦‍♀️ Die Toren haben ihr Herz auf der Zunge, die Weisen haben ihre Zunge im Herzen.

🤦 Wer einen Toren belehrt, leimt Scherben zusammen.

🤦‍♀️ Sand, Salz und Eisenblöcke sind leichter zu tragen als ein unvernünftiger Mensch.

Einfach copy + pasten. Sind wahrscheinlich nochmal 2.200 Jahre lang gültig.

Der Koffer gibt die Richtung vor

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Vor ewigen Zeiten, in einem Hotel in Karlsruhe. 

Ich beobachte einen Hotelgast beim Check-in, der mit seinem offensichtlich sehr schweren Koffer zu kämpfen hat. Aus irgendeinem Grund rollt der Koffer dem Gast ständig davon. Der Koffer macht mit ihm, was er will. Der Check-in verläuft alles andere als entspannt.

Wenn ein Koffer schwer ist, lässt er sich auch nur schwer unter Kontrolle halten. Er entwickelt eine Eigendynamik, die einem so nicht recht sein kann. Man hechelt dem Koffer hinterher. Man folgt dem Koffer, nicht umgekehrt.

Ist man ständig im reaktiven Modus, setzt man sehr viel Energie ein, die Kontrolle nicht ganz zu verlieren.

Was, wenn wir einen leichteren Koffer hätten?

Oder gar keinen?

Neue Kuscheltiere

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Meine Tochter (6) hat mir unlängst Folgendes erklärt: Wenn sie ein neues Kuscheltier bekommt, dann kuschelt sie am liebsten mit diesem neuen Kuscheltier. Aber nur so lange, bis sie wieder ein neues Kuscheltier bekommt. Dann kuschelt sie am liebsten mit dem ganz neuen, und das „alte“ Kuscheltier muss dann mit weniger Kuscheln auskommen.

Das erinnert mich frappant an uns Lifestyle Entrepreneure. Auch wir widmen gerne unserem neuesten Projekt am meisten Zeit, bis wir ein neues neuestes Projekt haben. Dann muss sich das „alte“ Projekt in die zweite Reihe stellen – auch dann, wenn es eigentlich sinnvoll gewesen wäre, weiter dran zu bleiben.

Wir alle haben unsere Lieblingskuscheltiere, und das ist auch okay.

Aber irgendwann dürfen wir erwachsen werden und erkennen: Unser Lifestyle Business ist kein Streichelzoo.

Downgrade

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Kurz vor Abreise schreiben mir die ÖBB: Die Zuggarnitur in meinem Railjet hat sich „geändert“ (sprich: verschlechtert).

Es ist nun eine Ersatzgarnitur mit alten Waggons unterwegs. Die 1. Klasse ist nicht so bequem wie gewohnt, meine Sitzplatzreservierung ist hinfällig, Und, ja, WLAN gibt’s leider auch keins.

Ist das ein Problem?

Es liegt nur an mir.

Eindeutlich

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Meine Tochter ist mit ihren sechs Jahren in dem wunderbaren Alter, wo sie (bewusst oder unbewusst) neue Wörter erfindet. Die Sprachwissenschaftler würden sagen: Sie ist produktiv.

Eine ihrer Schöpfungen gefällt mir sehr gut: Eindeutlich.

„Eindeutlich“ fasst für mich nämlich zwei Ansprüche zusammen, wenn wir andere Menschen von etwas überzeugen möchten, das uns wirklich am Herzen liegt:

  1. Sei dir eindeutig klar darüber, was es ist, das du bewirken möchtest.
  2. Habe den Mut, diese Intention auch deutlich zu benennen – und zwar nicht nur bei Schönwetter.

Lasst uns also heute mal einen ganzen Tag lang eindeutlich bei der Sache sein. Gut möglich, dass es ein leiwander Tag wird.

Zuckersteuer

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Bei den Lebensmitteln kann man ein interessantes Phänomen beobachten: Gesunde Lebensmittel sind recht teuer, dafür sind die billigen Lebensmittel oft sehr ungesund.

Für mich als Betriebswirt ist das schwer nachvollziehbar, vor allem dann, wenn man sich nicht nur die Herstellungskosten der Lebensmittel anschaut, sondern vor allem die externalisierten (= ausgelagerten) Kosten von ungesunden Lebensmittel. Es ist nämlich so, dass durch ungesunde Lebensmittel (insbesondere durch Lebensmittel mit viel Zucker) viel mehr Schaden entsteht als durch gesunde. Die Kosten für die ungesunde Ernährung und für die daraus folgenden Krankheiten tragen aber nicht die Hersteller der ungesunden Lebensmittel, sondern die Allgemeinheit. Der Preis der ungesunden Lebensmittel ist daher viel zu niedrig im Verhältnis zu ihren tatsächlichen Kosten.

Man müsste also hergehen und diese externalisierten Kosten in den Kaufpreis der Lebensmittel einpreisen. Ungesunde Lebensmittel würden dadurch viel teurer, dafür könnten gesunde Lebensmittel im Gegenzug viel leistbarer werden.

Dadurch entstünde ein Steuerungseffekt: Besonders Menschen, die beim Lebensmitteleinkauf aufs Geld schauen müssen, würden zu den gesünderen Lebensmitteln greifen, weil sie billiger sind. Und durch die gesündere Ernährung würden die Folgekosten im Gesundheitssystem sinken. Eine Win-Win-Situation.

In 117 Ländern der Welt gibt es bereits eine Zuckersteuer, in Österreich nicht.

Mich würde interessieren, was die Gründe dafür sind. Und zwar die wirklichen Gründe.

Reife Ringlotten

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Ja, du kannst dir eine Leiter nehmen und die Ringlotten vom Baum pflücken. Kann aber sein, dass da ein paar dabei sind, die noch nicht richtig reif und entsprechend sauer sind.

Besser ist, die Ringlotten aufzuklauben, die gerade frisch vom Baum runter gefallen sind. Weil die sind tatsächlich alle reif.

Das Leben wird ein bisschen leichter, wenn man lernt, auf den richtigen Zeitpunkt zu warten.

Vielleicht hat sie recht

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Unlängst hat mir eine gute Freundin Konter gegeben.

Wir haben in einer kleineren Gruppe über die Herausforderungen von Beziehungen mit Kindern gesprochen. Ich habe meine Meinung, so dachte ich, überlegt und ausgewogen dargelegt. Und dann sagte diese Freundin etwas, das mich ziemlich dumm da stehen hat lassen. Nicht gemein, aber treffsicher.

Im ersten Augenblick fühlte ich mich furchtbar ungerecht behandelt. Wie kann sie nur so vollkommen missverstehen, was ich eigentlich meine?

Aber einen Augenblick später hatte ich die Demut zu sagen: Stimmt. Vielleicht hast du recht. Ich habe das noch nie so gesehen, darüber muss ich nachdenken.

Ich bin stolz auf mich. Weil ich den Mut hatte, mein Ego hintanzustellen und die Botschaft tatsächlich zu hören.

Und weil ich mir relativ sachlich eingestanden habe: Vielleicht bist du doch nicht so der moralische Musterschüler, wie du immer glaubst..

Ehrgeizige Tagesetappen

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Ein guter Freund von mir war unlängst einige Tage wandern.

Danach hat er mir erzählt, dass er bei diesem Wanderurlaub gelernt hat, die Tagesetappen nicht zu ehrgeizig zu planen. Selbst, wenn der Wanderweg gut ausgeschildert ist – es passiert immer was, das Zeit kostet. Also: Nicht zu viel vornehmen.

Und jetzt wirf mal einen Blick auf deine To-Do-Liste für heute.

Wie ehrgeizig ist deine Tagesetappe?

Rod Stewart

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Rod Stewart spielt heute ein Konzert in Wien. Vielleicht sein letztes hierzulande.

Ich habe in meinem Leben wahrscheinlich an die 1.000 Konzerte gesehen, von vielen verschiedenen Künstler:innen. Rod Stewart war nie dabei, und auch das heutige Konzert wird ohne mich über die Bühne gehen.

Ich bin sicher, dass das Publikum einen tollen Abend haben wird. Und wahrscheinlich könnte ich fast alle Lieder an diesem Abend mitsingen. Und trotzdem… Meine Beziehung zu Rod Stewart ist kompliziert.

Denn ich mag Rod Stewart irgendwie nicht. Und das ist eigenartig, denn Rod Stewart hat mir nie was getan. Ich kann nicht genau sagen, was ich an ihm nicht mag. Ich respektiere ihn und seinen Erfolg, aber er steht mir, wie man so sagt, einfach nicht zu Gesicht.

Das ist natürlich kein Problem, und auch Mr. Stewart wird’s wurscht sein.

Mich wundert nur, wie es sein kann, dass ich mir ganz sicher bin, dass mich was stört (ein Mensch, eine Situation, ein Kunstwerk, eine Beziehung, was auch immer) und ich gleichzeitig nicht sagen kann, warum das so ist.

Wir haben alle unsere Rod Stewarts im Leben, die uns vor solche Rätsel stellen.

Aufstiegs-Ambitionen

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Die Admira sagt, sie will in der nächsten Saison den Aufstieg schaffen. Das sei alternativlos.

Wenn du sagst, du willst aufsteigen, dann musst du auch einen Kader zusammenstellen, mit dem ein Aufstieg möglich ist. 

Dafür wird es nötig sein, dass du Geld in die Hand nimmst.

Nicht unvernünftig viel Geld. Es geht nicht darum, das Geld zum Fenster hinaus zu werfen. Aber es geht darum, an den richtigen Stellen zu investieren, um bisherige Schwächen der Mannschaft zu kompensieren und die Mannschaft insgesamt schlagkräftiger zu machen. 

Genug Geld, um dem Ziel Aufstieg eine realistische Chance zu geben.

Wenn es tatsächlich alternativlos ist, dann musst du es ernst meinen. Und wie ernst du es meinst, wird man auch an deiner Einnahmen-Ausgaben-Rechnung ablesen können.

Autodrom

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Wenn du ins Autodrom einsteigst mit dem Ziel, nur ja mit keinem anderen Auto zusammenzustoßen…

Warum bist du dann überhaupt ins Autodrom eingestiegen?

Çay

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Ich weiß sehr wohl, wie man den schwarzen Tee in der Türkei richtig trinkt: Ein bisschen vom sehr starken Tee in der einen Kanne ins Glas, mit heißem Wasser aus der anderen Kanne aufgießen. Dann (viel) Zucker dazu, aber keine Milch.

Aber: Wenn ich Çay trinke, dann lasse ich den Zucker weg. Ich mag den intensiven Teegeschmack, das Bittere, und für mich passt Zucker da überhaupt nicht dazu. (Zitrone eher schon.)

Dafür ernte ich unter Türk:innen meistens ein mitleidiges Lächeln oder sogar fassungsloses Kopfschütteln.

Mache ich diese Çay-Sache jetzt falsch? Bin ich deswegen eine Çay-Banause?

Ich sage: Im Gegenteil. Durch diese kleine Adaption habe ich es mir möglich gemacht, Çay genauso gerne zu trinken wie die Türken.

Die eigene Interpretation finden. Darum geht’s.

Und das Kopfschütteln aushalten.

Zielgruppenverständnis

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Es zeugt von echtem insight in die Zielgruppe, wenn man als Österreicher im Türkei-Urlaub ein Prospekt für einen Ausflug in die Hand gedrückt bekommt, in dem steht:

Ich ziehe meinen Strandhut vor dem Copywriter!

Einfach einen Brief geschrieben

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Vor vielen Jahren, bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Jugendarbeitslosigkeit in Zagreb…

Salvatore aus Rom erzählt mir folgende Geschichte:

Er arbeitet an einem Sozialprojekt, wo sie mit Jugendlichen ein Haus völlig neu bauen. Zur Gestaltung der Fassade hat er sich gedacht, dass er den Grafitti-Künstler Millo einladen möchte, die Fassade zu gestalten.

Das Geld dafür hat er sich bei privaten Sponsoren geholt.

Und dem Künstler hat er einfach einen Brief geschrieben und gefragt, ob er das machen würde. Der hat geantwortet, dass er zuerst noch Projekte in Moskau, in San Francisco und Johannesburg abschließen muss, aber dann kommt er vorbei.

Wer fragt, dem wird gegeben.

Zweiter Taschenrechner

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Ich habe ja schon mal darüber geschrieben, dass bei jeder Prüfung jemand dabei ist, der seinen Taschenrechner vergessen hat. Es ist immer einer. (Es sind ausschließlich Männer.)

Diese Hypothese hat sich in den letzten Wochen zweimal bestätigt. Deshalb habe ich immer meinen eigenen Taschenrechner mit, um ihn bei Bedarf herborgen zu können. (Ja, ich bin ein netter Professor.)

Aber bei der letzten Prüfung ist etwas Spannendes und für mich völlig Überraschendes passiert: Als sich derjenige meldete, der seinen Taschenrechner diesmal vergessen hatte, sagte plötzlich ein Kollege von ihm: Hier, ICH habe einen zweiten Taschenrechner mit!

Für mich der allerbeste Grund, meinen Ersatz-Taschenrechner im Rucksack lassen zu können.

Verletzlich

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Unlängst hat eine Kollegin sehr offen von einer persönlichen Niederlage erzählt. Dass sie es nicht geschafft hat, die erhoffte Veränderung herbeizuführen und wie sie dadurch einen Auftrag verloren hat, der ihr sehr am Herzen gelegen hatte.

Als Zuhörer habe ich ihren Schmerz gespürt. Ich habe einen Moment teilhaben können an ihrem inneren Kampf zwischen Zuversicht und Enttäuschung. Der Schmerz war in ihrem Gesicht zu sehen und in ihrer Stimme zu hören.

Und gleichzeitig war sie in dieser Situation höchst würdevoll.

Ich habe vor meiner Kollegin noch nie so viel Respekt gehabt als in diesem Moment ihrer größten Verletzlichkeit.