Tag#Freewriting

Freewriting-Experiment: Fazit (Freewriting XXX)

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Jetzt habe ich also 29 Tage Freewriting in diesem Blog probiert. Sechs Minuten schreiben, was mir gerade in den Sinn kommt, ohne danach zu editieren.

Was habe ich daraus gelernt?

  • Was mir am besten gefallen hat, war der Rahmen von sechs Minuten. Sechs Minuten zu schreiben, das war (und ist) jeden Tag drin. Manchmal kommt in sechs Minuten viel raus, manchmal weniger, aber in jedem Fall war die Übung in sechs Minuten vorbei. Dadurch, dass sechs Minuten vom Gefühl her ganz easy machbar sind, gab es auch keinen einzigen Tag, an dem ich das Bloggen vor mir hergeschoben hätte.
  • Was interessant war: Manchmal hatte ich das Thema für den Blog schon früh am Tag identifiziert, und dann habe ich dieses Thema den ganzen Tag mit mir herumgetragen. Wenn ich mich dann am Abend hingesetzt habe zum Schreiben, sind die Gedanken dazu förmlich aus mir herausgesprudelt, weil sie im Prinzip ja das Ergebnis eines ganzen Tages darüber Nachdenken waren.
  • Was mir gut gefallen hat: Dass ich keine Scheu hatte, einfach zu schreiben, was mir einfällt. Ganz ohne Druck zu schreiben, ohne auf einen bestimmten thematischen Fokus achten zu müssen, ja eigentlich ganz ohne jeglichen Anspruch – das war sehr befreiend.
  • Im Rückblick bin ich überrascht, dass jedes Mal innerhalb von sechs Minuten ein sehr brauchbarer Text herausgekommen ist. Klar, nichts davon ist nobelpreiswürdig, aber die Texte sind gut lesbar und allesamt zumindest okay. Es scheint so, als hätte mich das jahrelange tägliche Bloggen dazu gebracht, besser und schneller zu werden in der Fähigkeit, meine Gedanken tatsächlich zu Papier zu bringen.

Ich werde das Freewriting-Experiment jetzt nicht mehr fortsetzen, weil es nämlich dem Stadium eines Experiments entwachsen ist. Ich werde weiterhin die sechs Minuten als Richtlinie für alle meine künftigen Blogs nehmen, aber ich werde wieder dazu übergehen, mehrere Tage (oder Wochen) Puffer zu haben, damit ich nicht mit Muss jeden Tag bloggen brauche (gerade angesichts der Sommerferien).

Experiment geglückt, würde ich sagen.

Oft undankbar, immer wichtig (Freewriting XXIX)

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Meine Frau ist Mitglied des Elternbeirats im Kindergarten. Als solche hat sie immer wieder Dinge zu tun, die viele andere Eltern lieber nicht machen möchten. Sie kümmert sich, wo andere sich verlassen.

Wir brauchen solche Menschen. Wir brauchen Menschen, die Verantwortung übernehmen, die mehr tun als unbedingt notwendig. An allen Ecken und Enden unserer Gesellschaft, und gerade da, wo es um die (Aus-)Bildung unserer Kinder geht.

Wir brauchen diese Menschen nämlich nicht zuletzt als Vorbilder für die Kinder und Jugendlichen. Sie sollen sehen: Erwachsen zu sein bedeutet, dass man Verantwortung übernimmt. Dass man zusammenhilft, wo es Probleme zu lösen gibt. Dass man auch mal Dinge tut, die einem nicht taugen, einfach weil es das Richtige ist.

Der englische Populärphilosoph Paul Heaton sagte mal: Save us from baldness and saving the earth. Soll heißen: Vorsicht vor Menschen, die die Welt retten wollen.

Aber es geht nicht darum, die Welt zu retten. Es geht darum, sich wie ein*e Erwachsene zu benehmen und das zu tun, was zu tun ist.

Ein Hoch auf jede*n Einzelne*n da draußen, der*die genau das macht!

Ausgestiegen (Freewriting XXVIII)

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Jeder Lehrer, jede Lehrerin kennt das: Manchmal passiert es, dass man einen Schüler, eine Studentin, eine Teilnehmerin im Laufe einer Stunde/Lehrveranstaltung/Seminar „verliert“. Man kriegt mit, dass sie gerade (aus welchem Grund auch immer) ausgestiegen sind, und man bekommt sie auch nicht mehr an Board.

Das ist natürlich bedauerlich, und mir tut es jedes Mal im Herzen weh, weil ich ja möchte, dass meine Teilnehmer*innen wirklich verstehen, was ich ihnen mitzugeben versuche. Am liebsten würde ich dann den Unterricht unterbrechen und sagen: „Moment, stop, ich sehe, dass du gerade nicht mitkommst. Lass mich nochmal von vorne beginnen und dir alles in Ruhe nochmal erklären.“

Aber das geht meistens nicht. Meine Verantwortung als Lehrer gilt nämlich nicht nur jenen, die ausgestiegen sind, sondern vor allem auch jenen, die noch an Board sind. Und die wollen weiterkommen. Die wollen weitermachen. Die haben nicht die Zeit und nicht die Geduld, auf jeden einzelnen zu warten.

In diesem Spannungsfeld zu navigieren, ist nicht leicht für mich. Ja, ich kann nicht jeden einzelnen retten. Aber ich würde es so gerne!

Selbstmanagement (Freewriting XXVII)

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Der ultimative Test, an dem du erkennst, ob du in deinem Business gut organisiert bist oder nicht:

Stell dir vor, ein Termin fällt aus oder ein Meeting ist kürzer als gedacht. Plötzlich hast du 30 Minuten Zeit geschenkt bekommen. Weißt du ohne langes Nachdenken, was du in diesen 30 Minuten tun könntest, das dein Business nach vorne bringt? Kannst du nahtlos an einem deiner Projekte weiterarbeiten? Weißt du, welches Projekt gerade am wichtigsten ist? Oder hast du keine Ahnung, bist völlig orientierungslos und weißt nichts Besseres zu tun, als die Zeit am Handy zu verdaddeln?

Es kommt relativ selten vor, dass wir einige Stunden am Stück an unserem Business arbeiten können. Aber 20 Minuten hier oder 30 Minuten da, das geht schon. Aber dazu ist es notwendig, eine Liste griffbereit zu haben, auf der sich

  • Aufgaben befinden, die in max. 20 Minuten zu erledigen sind
  • die ein klares Ergebnis haben
  • die in der richtigen Reihenfolge (also nach Wichtigkeit) geordnet sind.

Wenn du so eine Liste hast, bist du der Kaiser. Dann kannst du, wenn du Zeit geschenkt bekommst, sofort loslegen und dein Business einen kleinen Schritt weiter bringen.

Hast du diese Liste nicht, brauchst du dich auch nicht wundern, wenn du das Gefühl hast, du trittst auf der Stelle.

Im Garten (Freewriting XXVI)

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Ich bin nicht gerade der geborene Gärtner, und doch mag ich es sehr gern, in einem Garten herumzuspazieren.

Es ist schon interessant, wie attraktiv etwas ist, wenn man sich nicht darum kümmern muss. Das Genießen fällt viel leichter, wenn man die ganze Arbeit ausblenden kann, die einem auffallen würde, wenn man nicht nur Garten-Besucher, sondern auch Garten-Besitzer wäre.

Und so kommt es, dass es mir gestern Spaß gemacht hat, ein bisschen die Paradeiser zu gießen und die Himbeeren vom Unkraut zu befreien. Weil ich gerade Zeit hatte, und weil ich, wie gesagt, nicht musste.

Es ist vollkommen okay, nach Lust und Laune zu agieren, sozusagen der Inspiration zu folgen, wenn man keine Verpflichtungen eingegangen ist. Ein bisschen hier und ein bisschen da, das kann sehr entspannend sein. Weil es zwar eine Beschäftigung, aber keine Arbeit ist.

Es ist deshalb keine Arbeit, weil es nicht ernsthaft ist. Aber gerade die Ernsthaftigkeit ist der Schlüssel zum Erfolg, wenn es um Lifestyle Businesses geht. Wirst du das Unkraut auch dann zupfen, wenn es dir keinen Spaß macht? Wirst du die Paradeiser auch dann gießen, wenn du müde bist und eigentlich weder Zeit noch Lust hast?

Wirst du tun, was zu tun ist, auch wenn du gerade nicht die Inspiration dazu fühlst?

Maria Enzersdorf (Freewriting XXV)

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Ich lebe seit 2016 in Maria Enzersdorf (im Ortsteil Südstadt), aber ich muss leider sagen, dass ich so gut wie nichts über den Ort wusste – bis gestern.

Es ist ja so, dass ich zu Maria Enzersdorf ja gekommen bin durch reinen Zufall. Meine Frau hat die Wohnung entdeckt, wo wir jetzt wohnen, die war optimal, und kurze Zeit später war der Mietvertrag unterschrieben. Wo genau ich da wohnen würde, war mir überhaupt nicht klar.

Bis gestern eben. Da wurde vom Vizebürgermeister der Gemeinde eine Führung durch den Ort organisiert. Und ich muss schon sagen, je länger man sich mit dem Ort beschäftigt, desto interessanter wird er. Wir haben viel über die Geschichte des Ortes und die verschiedenen Einflüsse erfahren, und ich habe besser verstanden, warum die Dinge hier so sind, wie sie sind.

Ich würde mich immer noch nicht als Einheimischen bezeichnen. Ich bin ein Weinviertler, und werde das wohl auch immer bleiben. Aber ich fühle mich meinem Wohnort durch diese Führung stärker verbunden als zuvor.

Etwas zu wissen, etwas zu verstehen… das verbindet.

Ein kurzes Gespräch (Freewriting XXIV)

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Heute hatte ich ein Gespräch mit einem Kunden, das hat keine Viertelstunde gedauert. Es gab nichts Neues bei ihm, er hatte keine Fragen, also waren wir ruck-zuck fertig.

Es war mein letzter Beratungstermin vor dem Wochenende, so gesehen hat mir das nichts ausgemacht. War ich schneller fertig und daheim bei den Kindern.

Aber irgendwie denke ich mir schon: Wie kann es sein, dass es immer wieder Gründer*innen gibt, welche die Möglichkeiten zum Lernen und Austauschen so leichtfertig ziehen lassen? Ich begründe das meistens mit der Selbstverantwortung, die jeder Mensch – und auch jede*r Gründer*in – hat. Ich kann (und will) niemanden zu seinem Glück zwingen. Und doch wurmt es mich.

Es ist sicher so, dass wir im UGP einen Querschnitt aller Persönlichkeitstypen und Charaktere haben. Da sind Interessierte dabei und weniger Interessierte. Da sind Menschen dabei, die gerne etwas Neues erfahren und welche, die lieber ihre Ruhe haben wollen.

Und noch etwas: Gerade als Berater sollte man nicht den Fehler machen zu denken, dass nur das, was man selbst für gut und richtig hält, auch tatsächlich für alle gut und richtig ist.

Das Schulfest (Freewriting XXIII)

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Über Elternvereine und deren Schulfeste gäbe es sehr viel zu sagen. Wie immer, wenn sich Menschen zusammenfinden, um an einer gemeinsamen Sache (einem „Projekt“) zu arbeiten, passieren allerhand interessante Dinge. Es gibt Gschaftlhuber, fleißige Helfer und vollkommen Desinteressierte. Und es gibt mitunter sogar Saboteure und Wichtigmacher in eigener Sache.

Jedenfalls stehen und fallen solche Projekte mit Menschen, die die Richtung vorgeben. Die Führung übernehmen. Oder auch nicht. Das zeigt sich besonders, wenn das Projekt nicht wie geplant läuft. Denn Führung ist leicht, solange alles gut läuft. Wirklich gute „Leader“ erkennt man aber erst in dem Momenten, wo es kriselt. Oder wo es überhaupt kracht.

Wenn so ein Projekt nur ein wenig aus dem Ruder läuft, kann man sagen, es ist halt schlecht organisiert. Ein bisschen Chaos, aber damit können wir meistens ganz gut umgehen. Man improvisiert ein bisschen, und mit etwas gutem Willen kriegt man’s schon irgendwie hin.

Wenn in so einem Projekt hingegen Leadership fehlt, dann lässt sich das praktisch nicht kompensieren. Dann ist das Projekt dem Untergang geweiht.

Versprochen ist versprochen (Freewriting XXII)

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Mein Sohn war heute sehr verstört, weil ein Freund ihm ein „hoch und heiliges Versprechen“ gegeben und es dann gebrochen hat.

Für ihn war das vollkommen unverständlich. Weil wir ihm seit sieben Jahren einbläuen, dass man seine Versprechen halten muss. Wenn man etwas zusagt, dann gilt das. Punkt.

Für mich ist das auch ein Kennzeichen von professionellen Selbständigen und Unternehmer*innen. Profis überlegen sich zweimal, was sie versprechen. Aber wenn sie etwas versprochen haben, dann gilt’s. Amateure hingegen nehmen es mit ihren Versprechen nicht so genau. Sie versprechen bald mal was, aber diese Versprechen sind nicht verbindlich, sondern bestenfalls Absichtserklärungen.

Böses Blut entsteht immer dann, wenn Profis (mein Sohn) und Amateure (sein Freund) aufeinandertreffen. Der eine versteht nicht, wie man ein Versprechen brechen kann, und der andere versteht nicht, wo überhaupt das Problem ist.

Solche Missverständnisse lassen sich nur schwer auflösen, weil sie die Werte-Ebene betreffen. Die lassen sich nicht ausdiskutieren, die lassen sich nur leben – oder eben nicht.

Mir ist es wichtig, meinem Sohn den Wert mitzugeben, dass Versprechen zählen. Aber ich kann ihm nicht den Frust ersparen, der entsteht, wenn andere Menschen das anders sehen.

Hilflos (Freewriting XX)

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Ich bin gerade in Salzburg, um ein Seminar zu halten. Und daheim ist ein Riesenbahö, weil jemand aus der Familie ins Krankenhaus eingeliefert wurde. Und ich sitze da in meinem Hotelzimmer, vollkommen hilflos. Ich kann gar nichts beitragen um der Familie daheim zu helfen.

Ja, ich kann zuhören. Ich kann ermutigen. Aber ich kann nichts Aktives tun. Dabei ist es gerade die Aktivität, die mich (und die meisten anderen Menschen) beruhigen würde. Irgendetwas tun, das fühlt sich viel, viel besser an als herumzusitzen mit gebundenen Händen.

Dabei ist es gar nicht so entscheidend, ob meine Hilfe tatsächlich hilfreich wäre. Ob meine sogenannte Hilfe überhaupt irgendjemandem helfen würde. Hauptsache, ich bin mit meinen Gedanken nicht allein und habe irgendetwas, wo die überschüssige Energie kanalisiert wird und aus mir raus kann.

Es gibt aber gar nichts zu tun als zu warten. The waiting is the hardest part, sagt Tom Petty. Und recht hat er.

Ich würde so viel lieber was tun. Irgendwas. Wahrscheinlich auch, damit ich mir später nicht vorwerfen kann, nichts getan zu haben.

Ziemlich egoistisch, im Grunde. Aber sind wir das nicht alle?

Adel verpflichtet (Freewriting XIX)

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Ich glaube fest daran, dass mit einem Geschenk immer auch eine Verpflichtung einhergeht. Das steht wunderbar beschrieben bei Lewis Hyde. Aber es geht dabei nicht nur um Geschenke im klassischen Sinn, sondern auch um Geschenke in Form von Ressourcen, insbesondere Geld und Talente.

Wer ein Talent hat, hat auch die Pflicht, dieses Talent zum Wohle aller einzusetzen. Es wäre falsch, dieses Talent nicht auszuleben oder nur egoistische Ziele damit zu verfolgen.

In der Bibel heißt es: Umsonst habt ihr empfangen, umsonst sollt ihr geben.* Das drückt für mich sehr prägnant aus, worum es geht: Nimm die Privilegien, die du bei deiner Geburt bekommen hast, als Geschenke an. Und dann geh mit diesen Geschenken verantwortungsvoll um. Pass auf auf sie, entwickle sie weiter, und tu Gutes damit.

Und: Genauso großzügig, wie du deine eigenen Geschenke mit anderen teilst, darfst du zugreifen, wenn andere Menschen dir ihre Geschenke anbieten und mit dir teilen wollen.

Geben und Nehmen, der Blutkreislauf des guten menschlichen Zusammenlebens.

[*Hinweis für alle Solopreneure: Umsonst meint hier nicht gratis!]

Am Ende des Semesters (Freewriting XVIII)

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Gestern war die letzte Lehrveranstaltung meines Sommersemesters 2023, eine Abschlussprüfung in Bilanzierung.

Und das war auch gut so. Um diese Zeit ist es jedes Jahr so, dass ich froh bin, wenn das Semester sein Ende findet. Es war lang, intensiv, fordernd, und ich brauche die vorlesungsfreie Zeit nun, um Kraft zu sammeln und wieder voller Freude und Energie ins kommende Wintersemester zu starten.

Es ist wie der Kreislauf der Natur. Auf Phasen des intensiven Arbeitens müssen auch Phasen der intensiven Ruhe folgen. Nur so ergibt sich ein natürliches Gleichgewicht, und nur so ist das Tun nachhaltig.

In diesem Sinne: Schöne Ferien!

Unproduktiv (Freewriting XVII)

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Unlängst war ich in einem Meeting, das war vollkommen unproduktiv. Zwei Dutzend Menschen, mehrere Stunden, alles für A und F.

Die Tragik dabei: Das war ein Desaster mit Ansage. Es war abzusehen. Das Ziel des Meetings war nicht klar, und die Ergebnisse hatten von vorn herein keine Chance auf Umsetzung.

Noch trauriger: Das war eigentlich allen Beteiligten klar. Aber keiner hat‘s offen ausgesprochen. Ein reines Theater. Ein Popanz.

Ich habe in diesem Meeting gelitten, körperlich. Ich habe mir so viele Kommentare verbissen, weil‘s eh nichts gebracht hätte. Danach war ich vollkommen fertig, als hätte ich schwer körperlich gearbeitet.

An diesem Tag habe ich für mich beschlossen: Ich will und werde nie mehr in meinem Leben in so einem Meeting sein.

Systemfehler (Freewriting XVI)

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Unlängst war ich in einer Kinderarzt-Praxis. Die kleinen Patientinnen und Patienten konnten nicht behandelt werden, weil die Software ausgefallen war. Weinende Kinder im Warteraum, angespannte Eltern und hilfloses Personal war die Folge. Vollkommene Machtlosigkeit.

Später, selber Tag: Lange Wartezeiten am Bahnhof Mödling, massig Zugausfälle. Niemand wusste, wann und mit welchem Zug es weitergehen würde. Ob heute überhaupt noch was weitergehen würde. Genervte Pendler, verspätete Verabredete, hilfloses Zugpersonal. Vollkommene Machtlosigkeit.

Systeme sind großartig — solange sie funktionieren. Tritt ein Fehler im System auf, sind wir sehr schnell sehr aufgeschmissen.

Einen schönen Tag (Freewriting XV)

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Gestern war ich frühmorgens bei unserem BILLA einkaufen. Nach dem Zahlen habe ich der Dame an der Kassa einen schönen Tag gewünscht. Ihre Antwort: „Ja, hoffentlich vergeht er schnell.“

Ich war ganz perplex und habe gar nicht gewusst, was ich darauf sagen soll. Weil: Mir ist so ein Gedanke völlig fremd (geworden). Meine Tage können gar nicht lang genug dauern. Ich habe so vieles, auf das ich mich jeden Tag freue – und ja, auch auf meine Arbeit.

Mir tut diese Frau (und wahrscheinlich tausende Menschen in Österreich) echt leid. Was ist das denn für ein Leben, wenn man an jedem Tag hofft, dass er möglichst schnell vorbei geht? Am Ende so eines Lebens wird man zurückblicken auf sehr viele Tage, an denen man nicht wirklich gelebt hat.

Mir ist schon klar, dass das die Lebensrealität von ganz vielen Menschen ist. Aber es ist eine traurige Realität, die mir heute seit langem wieder mal deutlich geworden ist.

Ich hatte nämlich völlig vergessen, dass es nicht allen Menschen so gut geht wie mir. Oder, in aller Bescheidenheit und Demut anders ausgedrückt: Dass ich einige mutige Entscheidungen in meinem Leben getroffen habe und sich das jetzt auch auszahlt.

Barmherzigkeit (Freewriting XIV)

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Unlängst habe ich im UGP das Wort „Erbarmen“ gebraucht im Zusammenhang mit einer Beratungssituation. Ein Kollege meinte dann, dass die Worte „Erbarmen“ und „Barmherzigkeit“ sehr schöne Worte sind, die man wahrscheinlich zu wenig liest und hört und fühlt.

Er hat recht. Barmherzigkeit ist wohl eines der edelsten Geschenke, die man einem Mitmenschen machen kann. Barmherzigkeit im Großen, aber noch viel mehr in den vielen kleinen Dingen des Alltags.

Der Begriff Barmherzigkeit ist religiös aufgeladen. Wahrscheinlich wird er deswegen heute so selten verwendet. Aber das „Konzept“ dahinter ist aktueller denn je.

Barmherzig zu sein, bedeutet für mich, einen Menschen mit all seinen Schwächen und Verfehlungen zu sehen und ihm trotzdem in seiner Not zu helfen. Barmherzigkeit bedeutet anzuerkennen, dass wir alle im selben Boot sitzen und die Not des Anderen auch meine eigene Not sein könnte.

Wie schön könnte die Welt sein, wenn Barmherzigkeit unser default mode in unserem Umgang miteinander wäre! Der Himmel auf Erden.

Polizeiautos (Freewriting XIII)

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Heute habe ich im Kopierkammerl aus dem Fenster rausgeschaut und ein Polizeiauto vorbeifahren gesehen. Es war ein Skoda. Und da kam mir spontan der Gedanke: Das hätte sich vor 30 Jahren wohl niemand vorstellen können, dass die österreichische Polizei mal mit tschechischen Autos fahren würde.

Überhaupt sind die Dinge besonders spannend, die sich irgendwann mal niemand hätte vorstellen können und dann mit der Zeit ganz normal geworden sind. Nämlich so normal, dass man ganz vergisst, wie groß die Veränderung eigentlich ist, die zu dieser „neuen Normalität“ geführt hat.

Es lohnt sich also – besonders für alle Unternehmer*innen –, heute an all die fantastischen Ideen zu glauben, die morgen völlig normal sein werden, aber sich heute noch niemand vorstellen kann.

2053, in 30 Jahren, wird es das Normalste der Welt sein.

Unzureichend (Freewriting XII)

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Es gibt diese Momente, an denen ich weiß, dass das, was ich gerade tue, nicht gut genug ist. Dass ich gerne mehr tun würde — aber es geht halt gerade nicht.

Besonders schmerzvoll sind diese Momente, wenn sie Menschen betreffen, die ich liebe. Wenn ich gerne mehr sagen oder tun würde, aber nicht mehr zusammenbringe. Wenn ich einer schwierigen Situation lieber aus dem Weg gehe, statt zu tun, was notwendig ist.

Ich versuche, in diesen Momenten nicht zu streng mit mir zu sein. Ich bin auch nur ein Mensch, und das Leben ist kompliziert.

Und gleichzeitig sind es diese Momente, die mir meine eigenen Grenzen und Schwächen so unbarmherzig vor Augen führen, dass meine Energie dahinschmilzt wie Eis in der Sonne.

Ich tue immer mein Bestes, aber an manchen Tagen ist mein Bestes verdammt wenig.

Im Alter (Freewriting XI)

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Mein Schwiegervater wird heuer 88 Jahre alt.

Er hört schon sehr schlecht, und sein Gedächtnis ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Und so kommt es vor, dass er immer wieder von den gleichen Dingen spricht. Seine Lieblingsthemen.

Heute habe ich mal genauer hingehört, was denn die Themen eigentlich sind, die ihm besonders wichtig sind:

  1. Die Arbeit. Dass man „einen Posten“ hat, der möglichst sicher ist. Weil sich heutzutage, so meint er, viele Menschen schwer tun, einen guten Job zu bekommen und zu behalten.
  2. Die Familie. Er hat jedes Mal eine Riesenfreude, wenn seine Kinder, Schwiegerkinder und Enkelkinder da sind. Es erfüllt ihn mit Stolz, seine Familie zu sehen, seine Nachkommen.
  3. Der Charakter von Menschen. Dass manche Menschen neidisch sind. Dass manche Menschen unehrlich sind. Dass er mit seinen Chefs immer gut ausgekommen ist. Dass er froh ist, unproblematische Nachbarn zu haben.
  4. Seine Frau. Wie froh er ist, dass er sie hat, und wie gut sie sich um ihn kümmert.
  5. Seine Tochter. Wie fleißig sie ist, und dass sie ein guter Mensch ist.

Gut möglich, dass ich in 45 Jahren über die vollkommen gleichen Dinge reden werde.

Die Zahlen im Griff? (Freewriting X)

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Solopreneure und ihr Finanzmanagement ist ein leidiges Thema.

Zum einen ist es so, dass sich viele Solopreneure praktisch nicht um ihre Finanzen kümmern. Solange genug Geld am Konto ist, ist doch alles in Ordnung, oder? Das gilt insbesondere auch für Gründer*innen. Die wollen am Anfang oft gar nicht so genau wissen, wie viel Umsatz sie eigentlich machen müssten, um gut von ihrer Geschäftsidee leben zu können. Was ich nicht weiß, macht mich nicht heiß – und kann mich im worst case auch nicht enttäuschen, wenn ich es nicht erreiche. Erfolglos, aber ich weiß es nicht.

Zum anderen ist es so, dass gerade Solopreneure eigentlich Experten sein müssten in Sachen Finanzmanagement. Kaum vorstellbar, dass irgendein größeres Unternehmen so schlecht mit seinen Zahlen umgehen würde wie der durchschnittliche Solopreneur. Dabei ist ein Solo-Business eine Riesenherausfoderung, für die es das beste Finanzmanagement bräuchte, das es überhaupt nur gibt!

Und mir selbst geht es ja nicht viel anders. Meist habe ich bestenfalls ein ungefähres Gefühl für die Zahlen in meinem Business. Von einem regelmäßigen Controlling mit klaren Kennzahlen kann ich wohl kaum sprechen.

Bis jetzt. Ab heute ändert sich das.