Tag#Lehren&Lernen

Festrede

F

Unlängst wurde ich eingeladen, bei der Sponsionsfeier des Studiengangs Medienmanagement der FH St. Pölten die Festrede zu halten.

In dieser Rede war es mir ein Anliegen, meinen ehemaligen BWL-Studierenden folgende vier Dinge auf ihren weiteren Weg mitzugeben:

  1. Schauen Sie sich um, wo Sie helfen können. Schauen Sie sich um, wo Sie gebraucht werden und machen Sie sich nützlich. Probleme und Herausforderungen gibt’s genug!
  2. Scheuen Sie den Aufwand nicht. Alles, was im Leben gut und wichtig ist, erfordert auch Anstrengung und Engagement.
  3. Achten Sie auf Ihre Kussbilanz, weil das ist die einzige Kennzahl, die am Ende Ihrer Tage wirklich zählen wird.
  4. Es geht immer, immer, immer um die Menschen. Wenn Sie ein gutes Herz haben und in guter Absicht — menschlich — handeln, dann haben Sie Ihre Lebens-Strategie richtig ausgerichtet.

Unternehmerisches Denken und Handeln ist nämlich nichts wert, wenn es nicht von einer humanistischen Grundhaltung getragen wird.

Der Spinner

D

Wenn du, wie ich, jemand bist, der sich gerne tiefgründige philosophische Gedanken macht und Spaß dran hast, diese Gedanken auszuloten und zu diskutieren, dann kennst du wahrscheinlich folgende Schwierigkeit:

Deine tiefgründigen Gedanken sind grundsätzlich wahrhaftig, daran brauchst du nicht zu zweifeln. Aber es kann mitunter Folgendes passieren:

  1. Du überforderst damit deine Mitmenschen, weil sie deine Gedanken nicht nachvollziehen können. Weil sie nicht denken, wie du denkst.
  2. Du überforderst damit dich selbst, weil es nicht leicht ist, für tiefgründige Gedanken die richtigen Worte, Bilder und Beispiele zu finden. Es ist nicht leicht, diese Gedanken auszudrücken und zu erklären, ohne dass du dich selber in ein Wirrwarr redest und dich in Widersprüche verstrickst.

Tiefgründige Gedanken sind spannend, und sie sind die Voraussetzung dafür, dass man auch tiefgreifende Aha-Erlebnisse hat. Und damit die Bedingung für echte Veränderungen im Business und im Leben.

Aber du läufst halt Gefahr, dass sich mitunter wer denkt: Was für ein Spinner!

Erfolgsgesellschaft

E

Es heißt immer wieder mal, wir leben in einer Leistungsgesellschaft. Das beschäftigt mich immer wieder, z.B. da und da und da.

Unlängst habe ich einen neuen spannenden Gedanken zu diesem Thema gehört: Wir bewegen uns von einer Leistungsgesellschaft hin zu einer Erfolgsgesellschaft.

Es geht also nicht (mehr) so sehr um die Leistung, sondern um den Erfolg. Was bedeutet, dass wir zwar (immer noch) den Erfolg wollen, aber die Anstrengung, die Leistung als Weg dort hin hat nicht mehr den Stellenwert wie früher. Jede Abkürzung zum Erfolg ist uns recht, und wenn wir Erfolg haben können ganz ohne Leistung, umso besser.

Wenn diese Hypothese stimmt, dann könnten Gründungsberatung und Hochschullehre sehr spannend werden in den nächsten Jahren.

Verzögerte Wirkung

V

Eine schöne Metapher für alle, die versuchen, etwas zu bewegen und zu bewirken – beobachtet unlängst an der Donau in Oberösterreich:

Da fährt ein Motorboot die Donau hinauf. Es ist längst außer Sichtweite, da erreichen die Wellen erst das Ufer.

Laut und deutlich und kräftig. 

Eindeutlich

E

Meine Tochter ist mit ihren sechs Jahren in dem wunderbaren Alter, wo sie (bewusst oder unbewusst) neue Wörter erfindet. Die Sprachwissenschaftler würden sagen: Sie ist produktiv.

Eine ihrer Schöpfungen gefällt mir sehr gut: Eindeutlich.

„Eindeutlich“ fasst für mich nämlich zwei Ansprüche zusammen, wenn wir andere Menschen von etwas überzeugen möchten, das uns wirklich am Herzen liegt:

  1. Sei dir eindeutig klar darüber, was es ist, das du bewirken möchtest.
  2. Habe den Mut, diese Intention auch deutlich zu benennen – und zwar nicht nur bei Schönwetter.

Lasst uns also heute mal einen ganzen Tag lang eindeutlich bei der Sache sein. Gut möglich, dass es ein leiwander Tag wird.

Wissen vs. Kompetenzen

W

Unlängst habe ich das Buch Geisterstunde des Philosophen Konrad Paul Liessmann gelesen.

Er nennt es eine „Streitschrift“ gegen moderne Entwicklungen an Schulen und Hochschulen, die er nicht für die Fortschritte hält, als die sie sich ausgeben, sondern die zu einer „Praxis der Unbildung“ führen.

Wenn man das Buch so liest, kann einen das Gefühl beschleichen, man hört hier jemanden klagen, dass die „gute alte Zeit“ vorbei ist. Konservativ, polemisch und rechthaberisch wären Adjektive, die mir zum Ton des Buches einfallen.

Was nicht heißt, dass nicht auch Gedanken dabei sind, die ich spannend finde und mit denen er recht haben könnte – auch wenn sie nicht sehr modern sind.

Eines seiner Lieblingsthemen, an dem er sich in diesem Buch abarbeitet, ist die (aus seiner Sicht unsinnige) Tendenz, an Schulen und Hochschulen lieber Kompetenzen als Wissen zu vermitteln. Ich bin zu wenig Experte, um hier wirklich fundiert Stellung nehmen zu können, aber folgenden Gedanken dazu halte ich für teilenswert:

Niemand, kein Schüler und keine Studentin, ist neugierig darauf, eine Kompetenz zu erwerben. Neugierig ist man darauf, etwas Spannendes zu erfahren – also Wissen. Alles Lernen beginnt mit der Neugier. Ohne Neugier gibt es kein Lernen, auch nicht an Schulen und Hochschulen. Und deshalb sollten wir uns, so Liessmann, beim Lehren auf die Vermittlung von Wissen konzentrieren, nicht auf Kompetenzen.

Diese Ansicht wirkt rückschrittlich, und man kann sie teilen oder nicht. Aber ich für mich habe beobachtet: Wenn ich etwas lernen möchte (z.B. indem ich mir einen Podcast anhöre), dann geht es mir immer um das, was in diesem Podcast gesagt wird. Also um das Wissen, das darin vermittelt wird.

Und nicht darum, irgendeine „Podcast-Hör-Kompetenz“ zu verbessern.

Reibebaum

R

Es gibt Menschen, die denken vollkommen anders als ich. Mitunter scheint es mir, als wären sie das komplette Gegenteil von mir. Auch wenn wir uns gar nicht persönlich kennen.

Sarah Tschernigow ist so ein Mensch. Sie ist Unternehmerin und Podcasterin (wie ich), aber sie hat sehr, sehr andere Ansichten davon, was Unternehmertum und Erfolg bedeuten – und damit provoziert sie mich immer wieder.

Und dennoch, nein – und deswegen höre ich mir ihren Podcast regelmäßig an. Weil sie mich dazu bringt, über das nachzudenken, was ich für selbstverständlich halte. Weil sie mir Gedanken präsentiert, auf die ich selber nie gekommen wäre. Weil sie mich zu einem Blick hinaus aus meiner bubble zwingt.

Ich muss ihr nicht zustimmen bei dem, was sie sagt. Aber ich respektiere ihre Meinung und ihren Zugang, und ich bin dankbar für die Möglichkeit, mich daran regelmäßig abzuarbeiten.

Gamification

G

Lernwörter angesagt zu bekommen, macht meinem Sohn (8) überhaupt keinen Spaß.

Kreuzworträtsel zu lösen, findet er extrem leiwand.

Same thing, different Inszenierung.

Konrad Paul Liessmann: Geisterstunde (2014) 📙

K

Eine “Streitschrift” gegen die “Praxis der Unbildung” – und damit so ziemlich gegen alles, was sich als “moderne Pädagogik” bezeichnet. Konservativ, polemisch und rechthaberisch wären Adjektive, die mir zum Ton des Buches einfallen. Aber spannend sind Liessmanns Gedanken allemal.

(mehr …)

EM-Finale

E

Was kannst du aus dem Finale einer Fußball-EM für dein Lifestyle Business lernen?

Wenig. Wahrscheinlich gar nichts.

Versuch nicht, krampfhaft Dinge zusammenzubringen, die nicht zusammengehören. Sonst kann es sein, dass du den Schlusspfiff des Schiedsrichters überhörst.

Prinzip der minimalen Hilfe

P

In einem Hochschuldidaktik-Workshop der FH St. Pölten habe ich das Prinzip der minimalen Hilfe kennengelernt.

Die Idee ist ziemlich einfach: Hilf deinen Studierenden nur so viel, wie sie zum Lernen unbedingt brauchen. Nicht mehr, Weil: Wir engagierte Lehrende (und Berater:innen) übertreiben es gerne mit unserer Hilfe.

Im Prinzip der minimalen Hilfe gibt es fünf Stufen:

  1. Motivationshilfe: Ermutigung, es weiter (nochmal) zu probieren.
  2. Rückmeldehilfe: Feedback auf die bisher geleistete Arbeit.
  3. Allgemeine strategische Hilfe: Hinweise, wo sie Inhalte/Hilfestellungen finden.
  4. Inhaltsorientierte strategische Hilfe: Inhaltliche Rückmeldung, Hinweise zur weiteren Vorgangsweise.
  5. Inhaltliche Hilfe: Intensive Auseinandersetzung mit der Arbeit, Korrekturen vorschlagen.

Die Kunst eines guten Lehrers (und effektiven Beraters) ist zu erkennen, welche Art von Hilfe gerade angebracht ist.

Wenn man das weiß, dann ist das Helfen gleich viel leichter.

Online-Pareto

O

Bei Online-Lehrveranstaltungen gilt ganz massiv das Pareto-Prinzip: 80 % der aktiven Beiträge kommen von 20 % der Teilnehmer:innen.

Das ist eh okay. Das ist eh immer so. Das hat viele unterschiedliche Gründe.

Aber wenn man das nicht weiß (oder darauf vergisst), dann könnte einen das schon frustrieren.

Lernen ist schwer!

L

Schau dir dieses Video an und überleg dir dabei: Was lernst du aus diesem Video über das Lehren, Lernen und Beraten?

Spoiler: Ein paar Dinge, die ich aus dieser Übung gelernt habe:

  • Als Lehrender brachst du die Einzelteile nicht unbedingt vorab sortieren. Du kannst auch einfach tun. Aber als Lernender hast du dann ganz schön viel Sortier-Arbeit.
  • Wenn eine wichtige Information fehlt, entsteht schon eine Fehlkonzeption.
  • Je größer und komplizierter das Gedanken-Gebäude ist, desto schwieriger wird das Mit-Bauen (= das Nachvollziehen).
  • Irgendwann wird es anstrengend – selbst beim reinen Zuschauen!
  • Du musst Pausen zum Reflektieren, zum Verarbeiten lassen. Gib den Lernenden „Zeit zum Atmen“.
  • Wenn man etwas nicht richtig einordnen kann, dann beschäftigt einen das ganz schön lang.
  • Obwohl du glaubst, du hast eh alles super erklärt, wird nicht alles richtig ankommen. Und die Wahrscheinlichkeit ist sehr groß, dass du nicht mal merkst, was alles falsch verstanden worden ist.
[Danke Alessandra Kenner für den leiwanden Methodik-Workshop!]

Lehren ist leben

L

Unlängst bin in einer späten Abendstunde drauf gekommen, warum mir das Lehren so taugt und warum mir das Lehren so viel Sinn schenkt:

Weil ich beim Lehren ganz im Hier und Jetzt bin. Weil ich es sein muss, um ein guter Lehrer zu sein.

Wenn ich lehre, dann bin ich präsent – und zwar voll und ganz. Und wenn ich präsent bin, dann bin ich mitten im Leben.

Wenn ich lehre, dann bin ich nicht in der Vergangenheit und nicht in der Zukunft. Wenn ich lehre, dann erschaffe ich den Moment.

Günter kocht (2)

G

Das Personal Project „Günter kocht“ hat eine hidden agenda.

Ja, es geht natürlich darum, dass ich kochen lerne. Dass ich mir und meiner Familie ein gutes Essen kochen kann, ohne dass das zu einem Riesentamtam für mich wird.

Darüber hinaus geht es aber noch um zwei weitere wichtige Punkte:

  1. Ich will meine Inkompetenz normalisieren.
  2. Ich will üben, mutig zu sein, indem ich Dinge ausprobiere, die ich noch nie gemacht habe.

All das in der Sicherheit meiner eigenen Küche. Niemand schaut mir zu.

Und trotzdem bewegt sich was in mir… in die richtige Richtung.

Günter kocht (1)

G

Seit Jahresanfang habe ich ein neues Personal Project. Es heißt: Günter kocht. Jedes Monat probiere ich, ein Gericht zu kochen, nach Rezept.

Für viele ist das keine große Sache, für mich schon. Weil: Ich bin ein Anfänger in der Küche.

Und deshalb mache ich bei diesem Projekt auch ständig Anfängerfehler:

  • Ich lese mir das Rezept vor dem Kochen nicht vollständig durch.
  • Ich richte mir fast alle, aber eben nicht komplett alle Zutaten und Werkzeuge vorher her.
  • Ich unterschätze die Arbeitszeit, die ich für ein Gericht brauche.
  • Ich wähle viel zu schwierige Rezepte für mein Kompetenzlevel aus.
  • Ich ärgere mich, wenn etwas nicht nach Wunsch gelingt.

Es ist nicht angenehm, so inkompetent zu sein. Aber das muss ich aushalten (auch wenn mir das nicht leicht fällt). Denn so funktioniert Lernen: Du bist ein Anfänger und machst Anfängerfehler, bis du es nicht mehr bist und die Fehler von Fortgeschrittenen machst.

Vorausgesetzt, du bleibst dran. Und Dranbleiben ist exakt das, was ich vorhabe.

Ich werde meine Anfängerfehler einfach aussitzen.

Besser informiert

B

Wer besser informiert ist, kann nicht nur besser mitreden.

Wer besser informiert ist, hat auch mehr Selbstsicherheit, Fragen (und Nachfragen) zu stellen.

Und: Wer besser informiert ist, traut sich auch eher, nach besseren Alternativen, Preisen und Konditionen zu fragen.

[Danke Bettina Fuhrmann für diesen Gedanken.]

Unterhalten vs. instruieren

U

Authentisch. Unperfekt. Mit Schmäh. Es könnte jederzeit was Überraschendes passieren. -> So funktionieren Videos, die unterhalten sollen.

Straight. Ein bisschen steril. Berechenbar. Ohne Ecken und Kanten. -> So funktionieren Videos, die instruieren sollen.

Ja, die wirklich tollen Lernvideos instruieren und unterhalten. Aber für den Anfang reicht es wahrscheinlich, zu entscheiden, was dir wichtiger ist und dich dann an die jeweiligen Spielregeln zu halten.

Erklärvideos

E

Unlängst habe ich ein Raster kennengelernt, anhand dessen man die Qualität von Erklärvideos bewerten kann.

Die Wissenschaftler dahinter haben sich sehr viel Arbeit gemacht und 20 verschiedene Qualitätskriterien identifiziert. Diese Kriterien haben sie in vier Bereiche gegliedert, und sie geben auch Hinweise, die man bei der Erstellung von Erklärvideos beachten kann. Sehr hilfreich, könnte man meinen.

Was bei mir als jemand, der ab und zu quick-and-dirty-Erklärvideos macht, aber tatsächlich angekommen ist: Wow! Zwanzig Sachen, die ich falsch machen kann.