Tag#Marketing

Angst + 10 %

A

Zum Dauerbrenner-Thema „Wie finde ich den richtigen Preis?“ ein spannender Ansatz von Michael Bungay Stanier:

Er geht davon aus, dass effektive Preisgestaltung vor allem Übung erfordert. Deshalb sollte man seinen üblichen Preis um 10 Prozent erhöhen und vor dem Spiegel so lange üben, bis man sich dabei sicher fühlt, diesen „Angst + 10%“-Preis zu nennen.

Also: Wenn dein Stundensatz normalerweise 100 Euro wäre (oder, noch besser, wenn dir dieser Stundensatz an sich schon ein bisschen Angst macht), dann erhöhe ihn um zehn Prozent auf 110 Euro und sag ihn dir zwanzigmal in den Spiegel-Gesicht.

Dabei kommst du dir vielleicht ein bisschen blöd vor, aber so verliert der Preis seine einschüchternde Wirkung auf dich. Mit der Zeit gewöhnst du dich an den Preis. Du wirst sicherer beim Aussprechen.

Und wenn du den Preis sicher aussprechen kannst, dann fällt es auch deinen Kund:innen leichter, den Preis zu akzeptieren. Weil es so klingt, als wäre das der völlig normale und vollkommen übliche Stundensatz.

Eine Frage der Reihenfolge

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Wichtiger Reminder von Seth Godin: Es kommt auf die Reihenfolge an.

Du glaubst vielleicht: Wenn du dann mal genug Umsatz und Gewinn gemacht hast, kannst du auch ordentlich in Marketing oder Beratung oder Prozesse investieren.

Dabei ist es so: Du musst zuerst in Marketing, Beratung und Prozesse investieren, damit du irgendwann Umsatz und Gewinn machen kannst.

Verzögerte Wirkung

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Eine schöne Metapher für alle, die versuchen, etwas zu bewegen und zu bewirken – beobachtet unlängst an der Donau in Oberösterreich:

Da fährt ein Motorboot die Donau hinauf. Es ist längst außer Sichtweite, da erreichen die Wellen erst das Ufer.

Laut und deutlich und kräftig. 

Autorität durch Langsamkeit

A

Wie würde ein König den Raum betreten? Wie ein gehetzter Kellner?

Etwas langsamer sprechen, etwas langsamer gehen, etwas länger warten.

Wohlgemerkt: Etwas langsamer, nicht zu langsam.

„Langsame” Menschen wirken in sich ruhend.

Und damit souverän.

[Danke Stephan Heinrich für diesen Gedanken.]

Schwere Newsletter

S

Unlängst schrieb mein Freund Bernhard Reingruber in seinem Newsletter, dass er genug hat von „der Schwemme an Newslettern und halb gebackenen Ideen, die durch die Posteingänge unserer Breiten schwirren“.

Recht hat er. Ich hab’s aber (mal wieder) nicht genau genug gelesen und geglaubt, er hat genug von der Schwere der Newsletter in seinem Posteingang.

Ich finde das Bild, dass Newsletter ein Gewicht haben, eigentlich sehr schön.

Ja, Newsletter können sehr schwer sein, z.B. weil sie inhaltlich sehr dicht sind oder weil sie vom Empfänger zu viel auf einmal wollen.

Newsletter können aber auch zu leicht sein, wenn die Empfängerin das Gefühl hat, im Newsletter steckt viel Blabla, aber keine Substanz.

Die besten Newsletter sind natürlich die, die das genau passende Gewicht für ihre Empfänger:innen haben. Nicht zu leicht und nicht zu schwer. Und gleichzeitig ist es unmöglich, das Idealgewicht für jede:n Empfänger:in hinzubekommen, denn wie viel Gewicht gerade optimal ist, variiert von Empfängerin zu Empfänger und hängt auch von deren Tagesstimmung ab.

Und dennoch nehme ich mir die Idee mit, dass ich mich das nächste Mal, bevor ich meinen Newsletter aussende, fragen kann: Und, Günter, wie viel Gewicht hast du dieses Mal in den Newsletter gepackt? Zu leicht, zu schwer oder angenehm zu tragen?

Selbst Pumuckl

S

Die Studierenden meiner Kostenrechnungs-Lehrveranstaltung an der FH St. Pölten hatten die Aufgabe, Erklärvideos zu Begriffen aus der Kostenrechnung zu produzieren.

In einem dieser Videos hat eine Studentin einen Satz gesagt, der mit Kostenrechnung direkt nichts zu tun hat, aber der das Dilemma vieler Lifestyle Entrepreneure im Marketing einfängt:

Selbst Pumuckl hat Hater!

Auch wenn wir die besten Absichten haben: Wir können es nicht allen Recht machen.

Das müssen wir endlich kapieren.

Jegliches Vertrauen verloren

J

Wenn du dich lang genug mit einem Problem herumgeschlagen hast, ohne eine Lösung zu erreichen, kommt der Moment, wo du sagt: Ich mag nimmer!

In diesem Moment hast du jegliches Vertrauen verloren: Das Vertrauen in deine Fähigkeiten, das Problem zu lösen. Das Vertrauen, dass der nächste notwendige Schritt die Mühe wert ist. Das Vertrauen, dass du zeitnah zu einem zufriedenstellenden Ergebnis kommst.

Das ist natürlich, und das ist verständlich. Manchmal muss man einfach loslassen, wenn sich der Aufwand nicht mehr lohnt.

Schwierig ist diese Herangehensweise allerdings im Verkauf: Wie oft willst du es versuchen, bis du das Vertrauen verlierst – in dein Produkt, in deine Fähigkeiten, in deine Zielgruppe?

Wie viele Tiefschläge kannst du einstecken, bis du endgültig liegen bleibst?

Schein-plausibel

S

20% aller Unfälle werden von alkoholisierten Lenkern verursacht.

80% der Unfalllenker sind nicht alkoholisiert. Man müsste also nur alle Lenker betrunken machen, dann hätten wir nur 20% der Unfälle. 

So ähnlich wird in ganz vielen Bereichen argumentiert. Was hier absurd klingt, erscheint in anderem Kontext vollkommen plausibel. Ein Blödsinn bleibt es trotzdem.

Caveat emptor!

Mutig Hilfe anbieten

M

Es gibt zwei Varianten, wie du als Berater:in deine Hilfe anbieten kannst:

Variante 1: Wie kann ich Ihnen helfen?

Variante 2: So kann ich Ihnen helfen. Möchten Sie das haben?

Welche Variante erfordert von dir mehr Mut?

Und welche Variante, glaubst du, wird hilfreicher für deine Kund:innen sein?

[Danke Gabe Anderson für diesen Gedanken.]

Der beste ROI

D

Jede Minute, die du mit (potenziellen) Kund:innen verbringst und ihnen wirklich zuhörst und versuchst, sie als Menschen zu verstehen und von ihnen zu lernen, wie du noch besser helfen kannst, bringt dir die besten Zinsen der Welt.

Es gibt keinen besseren Return On Investment.

Und damit meine ich nicht nur den ROI, den man in Geld messen kann.

Fünfzehn verschiedene Antworten

F

Unlängst habe ich 15 e-Mails an 15 verschiedene Menschen geschrieben.

Diese Mails waren zwar nicht wortgleich, aber sie waren einander sehr ähnlich. Vor allem hatte ich an jede:n das gleiche Anliegen und die gleiche Bitte um Unterstützung.

Dabei habe ich (unter anderem) gelernt: Wenn du 15 e-Mails aussendest, wirst du 15 verschiedene Antworten bekommen. Manche Antworten sind lang, manche kurz, manche Antworten sind überhaupt nichtexistent. Manche Antworten sind herzlich, manche Antworten sind höflich-distanziert. Manche Antworten sind weniger, als du gehofft hattest, manche Antworten überraschen dich positiv. Manche sind genau so, wie du sie dir erwartet hast.

Jeder Mensch ist anders, und jeder Mensch reagiert anders auf dich. Das macht die Arbeit als Lifestyle Entrepreneur einerseits anstrengend, andererseits liegt genau darin ein Zauber des Lebens: Wer viel mit Menschen zu tun hat, dem wird nie langweilig werden.

Mitbewerber sind auch nur Menschen

M

Überschätze deine Mitbewerber:innen nicht.

Unterschätze sie nicht, aber mach sie auch nicht größer, als sie sind.

Sie sind genauso Menschen wie du. Sie sind genauso unsicher wie du. Sie tun sich an manchen Tagen genauso schwer wie du. Sie haben mehr zu kämpfen, als du glaubst. Sie haben auch keine Zauberformeln und irren sich genauso oft wie du (vielleicht sogar öfter). Auch sie tun sich schwer, dranzubleiben. Auch sie haben Tage, wo sie sich fragen, warum sie sich das überhaupt antun.

Du brauchst dich vor deinen Mitbewerber:innen nicht verstecken. Wirklich nicht.

Steig mutig und selbstbewusst in die Arena!

Autodrom

A

Wenn du ins Autodrom einsteigst mit dem Ziel, nur ja mit keinem anderen Auto zusammenzustoßen…

Warum bist du dann überhaupt ins Autodrom eingestiegen?

Zielgruppenverständnis

Z

Es zeugt von echtem insight in die Zielgruppe, wenn man als Österreicher im Türkei-Urlaub ein Prospekt für einen Ausflug in die Hand gedrückt bekommt, in dem steht:

Ich ziehe meinen Strandhut vor dem Copywriter!

Frühstücksbuffet

F

Unlängst, im Urlaub mit meiner Familie:

Ein Hotel mit riesigem Frühstücksbuffet. Es gibt alles, was man sich vorstellen kann – und noch mehr.

Dieses Frühstücksbuffet ist voller ungesunder Versuchungen. Es ist verdammt schwer, diszipliniert zu bleiben und das Richtige für sich zu tun.

[Ersetze Frühstücksbuffet gerne durch die Social-Media-Plattform deiner Wahl.]

Flughafen-Geschichten

F

Unlängst, im Urlaub mit meiner Familie:

Wir warten am Flughafen Antalya (lange) auf unser Gepäck. Sofort beginnen meine beiden Kinder (8 und 6), irgendwelche Gründe und Erklärungen zu finden, was passiert sein könnte, dass unser Gepäck nicht daher kommt. Ihrer Fantasie sind keine Grenzen gesetzt, und die Geschichten sprudeln ohne große Anstrengung aus ihnen heraus.

Wir Menschen können gar nicht anders, als dass wir uns Unsicherheiten irgendwie zu erklären. Kindern muss man das nicht beibringen, und Erwachsene werden nie zu alt dafür.

Und auch wenn wir wissen, dass diese Erklärungen höchstwahrscheinlich nicht stimmen, ist irgendeine Geschichte immer noch besser, als gar keine Erklärung zu haben.

Für dein Marketing könnte das bedeuten: Die Menschen in deiner Zielgruppe reimen sich sowieso eine Geschichte über dich und dein Solo-Business zusammen. Wenn du ihnen eine leiwande Geschichte von dir aus anbietest, dann werden sie diese wahrscheinlich gern übernehmen, weil’s weniger anstrengend für sie ist, als selbst nach Erklärungen zu suchen.

Und du hast den Vorteil, dass deine Geschichte wahrscheinlich etwas näher an den Tatsachen ist als die imaginierten Geschichten deiner Zielgruppe.

Einfach einen Brief geschrieben

E

Vor vielen Jahren, bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Jugendarbeitslosigkeit in Zagreb…

Salvatore aus Rom erzählt mir folgende Geschichte:

Er arbeitet an einem Sozialprojekt, wo sie mit Jugendlichen ein Haus völlig neu bauen. Zur Gestaltung der Fassade hat er sich gedacht, dass er den Grafitti-Künstler Millo einladen möchte, die Fassade zu gestalten.

Das Geld dafür hat er sich bei privaten Sponsoren geholt.

Und dem Künstler hat er einfach einen Brief geschrieben und gefragt, ob er das machen würde. Der hat geantwortet, dass er zuerst noch Projekte in Moskau, in San Francisco und Johannesburg abschließen muss, aber dann kommt er vorbei.

Wer fragt, dem wird gegeben.

Was besser ankommt

W

Vor vielen Jahren, bei einer Podiumsdiskussion zum Thema Jugendarbeitslosigkeit in Zagreb…

Neben mir sitzt eine Vertreterin des Bildungsministerium.

Sie sagt: „The ministry is preparing a strategic document that will help to improve the frameworks for young people looking for a job.”

Ich sage: „If you want to get a job, be nice!”

Das sind zwei völlig konträre Ansätze. Natürlich auch inhaltlich, aber vor allem in dem, wie kommuniziert wird.

Im Publikum war eindeutig, was besser „ankommt”.

Communities

C

Was mir aktuell auffällt: Der neueste Trend im Online-Marketing sind Communities. Nach dem Motto: Ich habe genug von Social Media, ich mache mir jetzt meine eigene Plattform, wo ich meine Audience versammle und wo wir uns über alles Mögliche austauschen können.

Im Prinzip ist die Idee ja nicht neu. Wer in den frühen 2000er-Jahren im World Wide Web aktiv war, kennt auch ein Forum. Online-Foren waren immer schon ein Treffpunkt für Gleichgesinnte, und einige davon funktionieren heute noch genauso gut wie damals – z.B. zwei von meinen Lieblingen: Austrian Soccer Board und Greasy Lake.

Es gibt also nichts Neues unter der Sonne. Aber wie immer bei solchen Hypes gibt es Coaches und Berater, die sich auf das Thema draufstehen und versuchen, damit Geld zu verdienen – z.B. hier oder hier.

Das ist per se überhaupt nichts Schlechtes. Das passt schon so. Denn schließlich können Communities ja für den einen oder die andere Solopreneur:in wirklich eine super Idee sein.

Problematisch wird es aus meiner Sicht bei den Verkaufsargumenten dieser Coaches. Nämlich dann, wenn mit der FOMO („fear of missing out„) von Menschen „gespielt“ wird. Nach dem Motto: Communities sind der neueste Trend im Marketing. Spring schnell auf den Zug auf, bevor es alle machen. Die ersten werden überproportional von diesem Trend profitieren. Oder willst du schon wieder einen Megatrend versäumen wie damals Instagram oder TikTok?

FOMO ist mächtig, und mit FOMO-Argumenten wird man immer verkaufen können. Aber wenn das Marketing nur aus FOMO besteht – oder überhaupt das ganze Geschäftsmodell auf FOMO basiert –, dann werden die Grenzen dessen überschritten, was ich unter menschlichem Unternehmertum verstehe.

FOMO als Geschäftsmodell

F

Es gibt Businesses, die verdienen ihr Geld mit der Angst der Menschen, etwas zu verpassen.

Beispiel: Anlageberater, Finfluencer, Konzertveranstalter, Social Media Plattformen.

FOMO ist mächtig. Und mit FOMO lässt sich gut Geld verdienen, weil viele Menschen aus FOMO sehr unvernünftige (finanzielle) Entscheidungen treffen.

Trotzdem sage ich: Ein Business, dessen Geschäftsmodell auf Angst basiert, wird wenig gesellschaftlich Wünschenswertes beitragen.