I. Die Kontextkompetenz — Was uns mit der Welt verbindet
Die Wissensgesellschaft ist mehrdeutig, aber nicht beliebig
- “Mit der Welt des Eindeutigen kommt man aber der hohen Komplexität der Wissensgesellschaft nicht bei. […] Das mag manche verunsichern, doch es führt nicht automatisch in die Beliebigkeit. […] Ein Sowohl-als-auch anstelle eines Entweder-oder steht nicht für eine umfassende Relativierung. In der Praxis erweitert sich schlicht das Angebot. Die Wahl des für uns Wichtigen bleibt uns nicht erspart.” (S. 15)
Humanistische Bildung im 21. Jahrhundert
- “Niemand wird, wie es eine rückwärtsgewandte Politik nennt, “mitgenommen”. Jeder muss sich selbst auf den Weg machen. Humanistische Bildung bedeutet, sich Wissen an und für sich anzueignen, um sich in dieser Welt zurechtzufinden.” (S. 19f)
Wir müssen uns bemühen, verstanden zu werden
- “Es geht darum, dass wir unsere Interessen und Standpunkte deutlich machen. Uns bemühen, verstanden zu werden. Es geht nicht um Überzeugungen, jenes berüchtigte persuasive Kommunizieren, welches anderen bloß die eigene Wahrheit und Perspektive einzutrichtern versucht. […] Es geht um Klartext, also möglichst transparente, nachvollziehbare Sprache. Wir sollten so reden, dass wir verstanden werden. Zu einer offenen Gesellschaft gehört ein offenes Wort. Derlei braucht ein gutes Selbstbewusstsein und das Zutrauen in die eigenen Fähigkeiten und die anderer.” (S. 21f)
- “Die Aufgabe, sinnvolle Zusammenhänge für sich zu erschließen, nimmt uns niemand ab. Und es gibt die Verpflichtung zu einer neuen Selbst-Verständlichkeit: uns anderen so mitzuteilen, dass sie wissen, was wir wollen. Einfach ausgedrückt: Wir müssen sagen, was Sache ist. Das muss man freilich erst mal wissen.” (S. 35)
Wissensarbeiter stellen Zusammenhänge her. Das ist Arbeit!
- “Wer Zusammenhänge herstellt, erschließt, anbietet, verbreitet und teilt, ist ein Wissensarbeiter. Wir sollten nicht so tun, als sei all das einfach oder gar schon Realität.” (S. 23)
- “Ein Fachidiot ist ein Gefangener seiner Disziplin, er kann aus seiner Haut nicht heraus. Ein Wissensarbeiter ist hingegen ein Förster der Wissensgesellschaft, ein Spezialist und ein Erklärer zugleich, gleichsam unverwechselbar und doch zugänglich. Dies erschließt sich über eine neue humanistische Weltsicht, die den Vorbildern der Geschichte folgt und sie vorurteilsfrei in die neue Zeit überträgt. Kontextkompetenz ist sowohl ihre Voraussetzung als auch ihr Resultat.” (S. 24)
Freiheit
- “Wenn Freiheit etwas bedeutet, dann ist es die Rückgewinnung der Handlungskompetenz dort, wo es uns wichtig ist.” (S. 26)
- “Die Freiheit hat immer eine Schwester, einen Bruder, zahlreiche Verwandte, eine große Familie. Die Freiheit ist keine Waise, keine Insel.” (S. 26)
Mein Bildungsauftrag für SILBE in a nutshell
- “Wer nach Selbstbestimmung und Selbstverwirklichung strebt, muss die Welt um sich herum verstehen, ihre Angebote erkennen können, Möglichkeiten abwägen und Zusammenhänge verstehen. Das sind Kernkompetenzen der Wissensgesellschaft.” (S. 26)
- Und Kernkompetenzen für EPU!
- EPU brauchen Zugang zur BWL, damit sie sich ihre Welt erschließen können ⇒ Demokratisierung der BWL
Was Kontextkompetenz bedeutet
- “Kontextkompetenz bedeutet, im Detail zu denken und dabei den Überblick nicht zu verlieren. Wissen zu wollen, was man wissen kann. Und machmal auch zu entdecken, was man eigentlich schon weiß. Zusammenhang braucht Zusammenarbeit, kollaboratives Denken und Kooperation. Es geht gerade darum, etwas zusammenzubringen. Hier gilt es besonders kritisch und selbstkritisch zu sein.” (S. 30)
Gilt auch für Konzepte und Modelle. Aber sowas von.
- “Zusammenhänge beschreiben die Welt nicht einheitlich, total oder “lückenlos”, vielmehr sind sie Orientierungshilfen in der jeweiligen Situation.” (S. 36f)
II. Das Gewebe der Welt — Die Kultur der Zusammenhänge
Es braucht eine ordnende Struktur
- “Wo potenziell alles vorhandene Wissen jederzeit und überall zur Verfügung steht, braucht es eine ordnende Struktur. Es braucht einen Rahmen […].” (S. 49)
- vgl. Innovation Map der WKO. Das ist so eine Struktur, ein ordnender Rahmen.
Industriegesellschaft → Wissensgesellschaft
- “Wir leben im Zeitalter der Transformation von der Industrie- zur Wissensgesellschaft.” (S. 61)
- Bedeutet: Wir sind auch im Jahr 2022 noch nicht vollständig und in allen Bereichen in der Wissensgesellschaft angekommen. Wir stecken immer noch mitten im Transformationsprozess.
- Gilt metaphorisch auch für die Transformation Fische- → Wassermann-Zeitalter.
Wissen, das nicht kommuniziert wird
- “Wissen, das nicht kommuniziert wird, bleibt stehen — und das heißt: Es bleibt zurück.” (S. 85)
- ⇒ Wissen braucht “Outlets”. Nicht nur ich, sondern alle Wissensarbeiter suchen Outlets für ihr Wissen. Auch und besonders alle Lehrer.
Neue Entscheidungskompetenz = gut genuge Entscheidungen treffen
- “Wir müssen großzügiger denken und gleichzeitig bescheidener werden.” (S. 87)
- Über Gerd Gigerenzer: “Entscheidungskompetenz, sagt der Professor, lässt sich nicht mehr mit alten Maßstäben messen. “Wir müssen uns von der Vorstellung verabschieden, dass wir optimal entscheiden können, also Informationen haben, bevor wir einen Haken dranmachen. Es genügt, wenn unsere Entscheidungen ausreichend sind, zufriedenstellend also.” “ (S. 87)
- vgl. Gut genug
Die Dialektik der Allgemeinbildung
- “Die Dialektik der Allgemeinbildung besteht also darin, dass jeder das, was er tut, so verständlich macht, wie er nur kann, und — nach dem Prinzip der Reziprozität — andere ihr Wissen ebenfalls so verständlich wie möglich teilen.” (S. 106)
III. Der technologische Kontext — Warum man die Büchse der Pandora öffnen muss
Die wichtigste Konsequenz aus dem Fortschritt
- “Verstehe, worum es geht. Durchschaue, was passiert. Nutze und verbreite diese Erkenntnis.” (S. 111)
- Wie ein Auftrag für SILBE — und meine BWL-Studenten.
Als Prometheus den Menschen das Feuer brachte
- “In der griechischen Mythologie hat Prometheus den Menschen das Feuer gebracht. Einige haben sich daran die Finger verbrannt, andere haben seine Wärme und sein Licht genutzt, die meisten aber sind nur Zuschauer geblieben.” (S. 111)
- Das gilt auch für die Digitalisierung.
Aus der Anti- eine Pro-Bewegung machen
- “Die Anforderungen an diese wirklich emanzipierten Kritiker ist enorm: Für jedes Verbot eine bessere Lösung. Eine, die nicht nur vordergründig gut aussieht, sondern auch den Systemcheck aushält.” (S. 127)
IV. Der ökonomische Kontext — Vom Haustyrannen zur Selbstbestimmung
Ökonomische Unabhängigkeit ⇒ Demokratie
- “Alles, was zur ökonomischen Unabhängigkeit führt, reduziert die Abhängigkeit der Leute von der Macht, die sich ihnen gegenüber “gnädig”, “gütig”, “fürsorglich” verhält.” (S. 153)
- “Es bleibt die Frage nach der Selbstbestimmung: Kann sich jemand, der ökonomisch keinen Durchblick hat, emanzipieren? Ist jemand, der sich alimentieren lässt, wirklich unabhängig? Natürlich nicht.” (S. 168)
Antikapitalismus
- “Antikapitalismus ist vor allen Dingen eine Flucht vor der Komplexität. Eine Kapitulation vor der Moderne. Ein Emanzipationsdefizit.” (S. 163)
Materialismus ist nicht alles, aber…
- “Materialismus ist nicht alles, klar. Aber er liefert die Voraussetzungen dafür, dass man seinen eigenen Weg gehen kann. Wer ständig um die Existenz kämpft, kann das nicht.” (S. 164)
Leben und Tod → Sinn und Orientierung
- “Es geht heute nicht mehr um Leben und Tod, um die nackte Existenz, sondern um Sinn und Orientierung. Diese Wahl hatten bisher nur Eliten.” (S. 184)
Nur Kapitalismus kann den Kapitalismus reparieren
- “Kapitalismen sind Werkzeuge zur Verbesserung der Welt, nicht mehr, nicht weniger. Kapitalismus ist auch das einzige Mittel, um den Kapitalismus zu reparieren, genauer, jenes reduktionistische, einfältige industriekapitalistische System, das sich auf Quantität und nicht auf Qualität versteht.” (S. 188)
Eine neue Betriebswirtschaft
- “Geld allein macht nicht glücklich, dazu ist es nicht da, aber materieller Erfolg braucht die Frage nach dem Zweck, dem Sinn des Ganzen, wenn er über die Existenzsicherung hinausgeht. Eine neue Betriebswirtschaft wird sich diese Frage immer wieder stellen lassen müssen — und Antworten auf sie finden, die weder “Weniger ist mehr” noch “Mehr ist immer besser” lauten, sondern: “Was ist jeweils richtig?” Die Wissenschaften müsse sich nach dem Kategorisieren und Differenzieren endlich wieder der Neugierde und dem Fragen zuwenden.” (S. 191f)
Eine Beziehungswissenschaft
- “Die Netzwerke, in denen wir leben und arbeiten, bedürfen einer Beziehungswissenschaft, die darin besteht, dass man fragt, was andere brauchen, was ihnen guttut, wie sie Probleme lösen. Es geht darum, ehrlich die Bedürfnisse anderer zu erkennen — und ihnen nicht etwas anzudrehen, das sie weder brauchen noch mögen werden. Es geht darum, Probleme zu lösen, und dazu muss man Menschen mögen, das heißt, ihnen zuhören, sie ernst nehmenund auch bereit sein, sich mit ihnen nach vorne zu streiten.” (S. 192)
- vgl. Practical Empathy
Was wir heute wollen
- “Wir wollen nicht mehr, was alle haben, sondern was wir wirklich wollen.” (S. 193)
V. Der organisatorische Kontext — Von der Kunst, die richtigen Dinge zu tun
Mein Auftrag als Lehrer und Leader
- “Die Hersteller dieser Zusammenhänge aber sind wir selbst. nicht mehr “die Regierung” oder die “Anführer”. Das ist eine Herausforderung und gleichsam für alle Beteiligten eine Zumutung, aber unvermeidlich. Führung hat den Job, in den jeweiligen Netzwerken und Organisationen dafür zu sorgen, dass die Herstellung dieser Zusammenhänge ermöglicht wird […].” (S. 213)
- vgl. Markus Hengstschläger: Lösungskompetenz üben, üben, üben!
Wir brauchen den Mut zur Lücke
- “Wir sind alle Experten für irgendwas, und wir wollen alle Profis sein. Das kann nicht gut gehen. Wer sich mit anderen austauschen will, der braucht den Mut zur Lücke — was übrigens keine intellektuelle Pause ist, sondern eine Art neugieriger Amateurstatus.” (S. 230)
Bildung kostet Einsatz
- “Bescheid wissen ist kein Grundrecht. Bildung ist nicht umsonst zu haben, auch wenn das keine Frage des Geldes sein muss. Bildung kostet Einsatz, Leistung, Engagement. Wissensarbeit, das oft so leichthin ausgesprochene, weil in seinem Wesen unverstandene Wort, ist und bleibt in erster Linie: Arbeit.” (S. 235)
- “Engagement ist eine Bringschuld. Sie lässt sich nicht an externe Dienstleister wie Medien, NGOs, prominente Klima- oder Umweltschützer, Parteien oder Interessengruppen auslagern. Selbstverantwortung ist kein Service.” (S. 245)
VI. Die neuen Zusammenhänge — Auf dem Weg zum besseren Verstehen
Sprache
- “Sprache ist die Voraussetzung für Zugänglichkeit.” (S. 242)
- “Sprache dient uns dazu, uns auszutauschen, man könnte auch sagen: zu verhandeln. Das meint, dass wir unsere eigenen Standpunkte deutlich, zugänglich und nachvollziehbar machen.” (S. 243)
- Unsere Standpunkte als Angebote für andere.
Gilt auch für die Demokratisierung der BWL
- “Wo mehr Arbeiterkinder Abitur und Hochschulzugang haben, heißt das noch lange nicht, dass ihre Chancen gleich jenen ihrer Altersgenossen aus dem bürgerlichen Milieu sind. Es ist nur schwieriger geworden, den Unterschied an all den Äußerlichkeiten gleich zu erkennen. Umso wichtiger ist es, dass sich barrierefreie Teilhabe durch Bildung an einem Maßstab der allgemeinen Verständlichkeit orientiert.” (S. 248)
Wissensarbeit und Humanismus
- “Wissensarbeit misst sich am Ergebnis für die, für die sie getan wird. Man bietet an, was man hat — Wissen, Erkenntnis, Einsicht, um konkrete Probleme zu lösen, nicht, um Beifall aus den eigenen Reihen zu bekommen. Der ist ohnehin eher ein Zeichen für zu großen Konformismus — für Mitläufertum. Humanistisches Denken hingegen teilt — und teilt sich mit. Mit allen Fragen und Widersprüchen, die dazugehören. Und Kämpfen, die zu führen sind.” (S. 250)
- “Humanismus will nicht recht haben, er will Erkenntnis, und diese Erkenntnis gewinnt er nur in der Auseinandersetzung mit dem und den anderen.” (S. 252)
Nicht dogmatisch sein
- John Maynard Keynes: “Wenn ich andere Informationen habe, ändere ich meine Einstellung. Wie machen Sie das, Sir?” (S. 254)
- “Wenn es andere Informationen gibt, wenn man mehr weiß als vorher, dann handelt man danach. Punkt.” (S. 255)
- “Der Dogmatismus mit seien unglaublich vielen Erscheinungsformen hingegen bleibt bei seiner Meinung […].” (S. 255)
- “Dogmatismus hingegen ist selbstzufrieden und satt. Dogmatismus verteidigt aus intellektueller Faulheit die selbst produzierten Vorurteile.” (S. 255)
Geistiges Eigenkapital
- “Humanistische Bildung will geistiges Eigenkapital schaffen […].” (S. 262)
Geistige Müdigkeit
- “Wir wertschätzen nicht, was wir haben — und wer wir sind. Wir bleiben hinter unseren Möglichkeiten zurück. Und das geschieht, weil wir unsere Einzigartigkeit unterschätzen.” (S. 278)
- “Das Können klebt an der Person”, hat Gerhard Wohland das einmal genannt: “Keiner kann, was ich kann.” Das ist so lange kleingeredet worden, bis wir selbst nicht mehr daran geglaubt haben. Doch es stimmt.” (S. 280)
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