Die einen hängen sich rein, die anderen tun gerade mal das Nötigste. Und sabotieren dann auch noch jene, die bereit wären, mehr zu leisten. Das regt Evi Hartmann auf.
Meine Notizen
Das “Bloß nicht überarbeiten”-Phänomen
Sie tun es einfach nicht
- “Einige sind voll dabei, ĂĽbernehmen Verantwortung und Aufgaben und bringen Leistung, während andere gerade einmal das Nötigste erledigen. Wohlgemerkt: Nicht, weil sie nicht können, am Ende ihrer Kräfte oder dem Burn-out nahe sind. […] Ich meine vielmehr jene, die von ihren Voraussetzungen, Qualifikationen und Fähigkeiten her durchaus in der Lage sind, die gestellten Aufgaben zu erledigen. Sie tun es bloĂź nicht. Und sie leiden auch nicht darunter, dass sie es nicht tun. Im Gegenteil: Es geht ihnen gut, blendend sogar.” (S. 9)
Unsere Gesellschaft ist krank
- “Unsere Gesellschaft ist krank. Sie bestraft die Leistung ihrer Leistungselite und belohnt die großmäulige Selbstdarstellung einer leistungsverweigernden Pseudo-Elite, die deutlich weniger leistet, sich aber für etwas Besseres hält. Wer etwas bewegen will, kriegt Steine in den Weg gelegt, unsachliche Kritik, im besten Fall Undank. Wer sich den Hintern breitsitzt, Maulaffen feilhält und nur das Nötigste schafft, bekommt freie Hand — aber nichts gebacken. Und das, während die Menschheit vor einem der größten Umbrüche in ihrer Geschichte steht und zahllose Herausforderungen meistern muss. Wer soll das alles bewältigen? Etwa die Leistungsvermeider?” (S. 14)
1 – Mehr Leistung, mehr Elite, bitte!
Echte Elite ist Leistungselite
- “Es spielt dabei überhaupt keine Rolle, welche Position in der Hierarchie eines Untenrehmen sie einnehmen oder welcher sozialen Schicht sie angehören. Zur Leistungselite zählen alle, die ihre Möglichkeiten und Fähigkeiten ausschöpfen, die vollen Einsatz zeigen und Überdurchschnittliches vollbringen.” (S. 18)
- “Wer das leistet, was er oder sie “drauf hat”, die Extra-Meile geht, sich engagiert, wo andere es sich im Hintergrund bequem machen, wer Commitment zeigt, wo andere abwinken — der oder die gehört zur Leistungselite.” (S. 39)
- “Zur Leistungselite zählen Menschen, die gerne (deutlich) mehr leisten als das Nötigste, Übliche, das Minimum.” (S. 23)
- Motto: “Das können wir besser!” (S. 25)
Pseudo-Eliten oder Elitisten
- “Menschen, die reden, während andere leisten.” (S. 19)
- “Sie zeichnen sich durch ihren Anspruch aus, nicht durch ihre Leistung. […] Sie zeichnen sich durch das Gegenteil aus, durch ihre Leistungsvermeidung.” (S. 19)
Warum die Leistungselite gerne leistet
- “Bezeichnenderweise fallen mir auf Anhieb keine Mitglieder der Leistungselite ein, die jemals einen Burn-out erlitten hätten.” (S. 27)
- “Die Leistungselite ist eben nicht leistungsgetrieben. Sie leistet aus freien Stücken.” (S. 27)
- “Weil Leistung eine exzellente Chance auf Selbstentfaltung und Selbsverwirklichung bietet.” (S. 27)
- “Indem ich mich leistend artikuliere und entfalte, drücke ich nicht nur etwas aus, das “meins” ist, sondern stärke damit auch das, was mich im Innersten ausmacht.” (S. 27)
Der Unterschied zwischen Leistung und Erfolg
- “Der ehemalige Weltklasseschwimmer Michael Groß sagte im FAZ-Interview über eines seiner legendären Rennen: “Da sind wir viereinhalb Sekunden unter dem Weltrekord gewesen, ein traumhaftes Rennen, es hat eigentlich alles gepasst. Und trotzdem sind wir nur Zweiter geworden, hinter den Amerikanern. Das hat mich bis heute insofern geprägt, weil ich den Unterschied zwischen Leistung und Erfolg gelernt habe. Du kannst die höchste Leistung bringen und trotzdem nicht erfolgreich sein.” “ (S. 29)
- “Leistungsträger ziehen ihre Lebenszufriedenheit aus dem, was sie beeinflussen können, ihre Leistung. Erfolg ist nicht immer eigenständig zu beeinflussen. In der Unternehmenswelt ist dieser Unterschied häufig etwas unklar.” (S. 29)
- “Hier liegt der Irrtum zugrunde, dass Leistung am Erfolg gemessen werden könne.” (S. 29)
- ⇒ Was sind Leistung und Erfolg für Gründungsberater? Was für FH-Lektoren? Was für Papas?
2 – Die Leistungsverweigerer — Unsere Pseudo-Elite
DrĂĽckebergertum enttarnt sich selbst
- “Das ist vielleicht der einzige Trost am Drückebergertum: Es entlarvt sich immer selbst. Höfliche Fragen zu stellen, reicht den Drückebergern schon. Reden ist schon genug. Handeln ist nicht nötig.” (S. 59)
- “Ein Kollege nannte das mal “Murphy’s Meeting Law”: “Je mehr einer redet, desto weniger arbeitet er.” “ (S. 59)
Der Bedenkenträger hat den Leistungsträger abgelöst
- “Unsere Pseudo-Elite ist eine Elite der Bedenkenträger und Besserwisser, der Rechhaber, Skeptiker und Großsprecher.” (S. 63)
3 – Der Sinn des Lebens: Was wollen die Arbeitsverweigerer?
Leistungsverweigerung aus Versagensangst
- “So absurd es klingt: Wer aus Furcht eine Leistung verweigert, verhält sich aus seiner eigenen Perspektive betrachtet rational — im Sinne der Rationalität von Verdrängung, Verleugnung und Vermeidung. Das sind zwar langfristig untaugliche, aber immerhin weitverbreitete Bewältigungsstrategien. […] NatĂĽrlich ist Vermeidungsverhalten kein konstruktiver Umgang mit Angst, sondern mentalhygienisch ein Bumerang mit kurzfristiger Erleichterung und langfristiger erlernter Hilflosigkeit.” (S. 83)
- Das kommt bei GrĂĽnder*innen (auch) vor.
Leistungsvermeidung durch Systemanpassung
- “Es macht durchaus Sinn, Leistung zu verweigern. Nicht nur für Elitisten, sondern tatsächlich auch für Leistungsträger. In vielen Unternehmen, Abteilungen, Projektgruppen, Organisations- und Verwaltungseinheiten herrscht ein System der Leistungsvermeidung.” (S. 86)
- “Sie hat sich angepasst. Wer will es ihr verdenken? Aus einer von allen Seiten angefeindeten Leistungsträgerin wurde eine angepasste, aber allseits geschätzte Elitistin.” (S. 87)
- Das ist z.B. auch bei engagierten Junglehrer*innen der Fall!
Elitisten als GrĂĽnder
- “”Aber wir können das doch viel besser!”, sagt die Gründerin. Warum? Nicht, weil sie es tatsächlich besser könnte, sondern weil sie so begeistert ist von ihrer Idee, von der Selbständigkeit und natürlich von den verlockend winkenden Millionen. So begeistert, dass sie eine fundierte Markt-, Bedarfs- und Konkurrenzanalyse nie gemacht hat. Das wäre aber nötig gewesen. Vor jeder Gründung — egal ob digital oder analog, ob Firma oder Start-up. Das, was nötig ist, nennt man Leistung. Diese Gründerin erbringt sie nicht. Sie denkt, nein fühlt, wie Elitisten: Enthusiasmus ist Ersatz für Leistung!” (S. 99)
- “Das fühlt sie, obwohl sie BWL studiert hat. Aber wenn man so geniale Ideen hat, braucht man keine fundierte Analyse. Dachte und fühlte sie. Das ist das Grund- und Existenzgefühl der Pseudo-Elite: “Wir haben das nicht nötig!” “ (S. 99)
- “Die Pseudo-Elite ist arrogant, sie ist leichtsinnig, und sie schadet. Meist anderen. Denn das Geld fürs Start-up hat ihr der Herr Papa vorgeschossen. Er sieht es nie wieder. Auch das ist typisch für das Elitisten-Phänomen: Den Schaden haben meist andere.” (S. 99)
- Solche Gründer*innen gibt es tatsächlich. Gründung auf Kosten anderer. Gründung ohne Leistung.
4 – Wir Versager: Wer tut, was getan werden muss?
Das Recht auf Selbstverwirklichung und seine Grenzen
- “Jeder Mensch hat das Recht auf Selbstverwirklichung. Dieses Recht ist unveräußerlich. Es ist unveräußerlich — es ist nicht unbegrenzt. Das Recht eines Menschen auf Selbstverwirklichung stößt dann an eine Grenze, wenn andere seinen Dreck wegräumen müssen, den er beim Selbstverwirklichen hinterlassen hat. Das ist sozusagen die Gerechtigkeitsgrenze der Sebstentfaltung: Ein Mensch darf die Kosten und externen Effekte seiner Selbstverwirklichung nicht anderen Menschen aufbürden!” (S. 108)
Wenn sich einer für Jesus hält
“”Du kannst einem, der sich für Jesus hält, nicht ausreden, dass er Jesus ist. Wenn du ihn aufforderst, übers Wasser zu laufen, hat er gerade keine Lust. Wenn er dein Vesperbrot mehren soll, lehnt er das mit der Begründung ab: Du sollst Gott nicht versuchen! Egal, was du auch sagst: Er hat immer recht. Er ist Jesus. Deshalb nennt man das “Wahnvorstellung”. Jede Diskussion ist sinnlos.” (S. 111)
Bring your own house in order
- “Wer von der Schule verlangt oder erwartet, dass die Kindern einen Leistungsethos vermittelt, verlangt oder erwartet möglicherweise zu viel. Vor allem riecht diese Erwartung selbst schon leicht nach elitärem Eskapismus und kommoder Entantwortung: Warum sollten wir von der Schule erwarten, was wir gut und gerne selbst leisten könnten? Jeder reformiere seinen eigenen Elitisten!” (S. 119)
Leistungsmobbing
- “Leistung wird kleingeredet, bagatellisiert, trivialisiert, marginalisiert, stigmatisiert, unter den Teppich gekehrt und als Vorwand für Vorwürfe an den Leistungsträger missbraucht.” (S. 124)
- Das kommt in soooo vielen Bereichen vor, z.B. Schule, FH, Arbeit.
- Betrifft auch Menschen, die sich selbständig machen wollen. Und erst recht erfolgreiche Unternehmer*innen.
5 – Wahnsinnskarrieren: Wie wird man Elitist?
Mit Leistungsdruck umgehen
- “Der Elitist denkt: “Der Chef möchte 20 Seiten Report! Bis morgen! Oje, das schaffe ich nicht.” Und der Zwang ist da. Der Leistungsträger denkt: “Ich weiß, was der Chef will und gebe mein Bestes. Wenn es hinhaut, gut. Wenn nicht, auch gut. Es geht immer nur das, was geht. Mehr geht nicht.” “ (S. 137)
- “Selbst wenn tatsächlich Druck von auĂźen gemacht wird: Der Elitist ĂĽbernimmt ihn, die Leistungselite nicht. Der Elitist internalisiert Druck von auĂźen, die Leistungselite grenzt sich gegen solche Ăśbergriffe ab […].” (S. 137)
- “Der Elitist erwartet, dass man ihm keinen Druck macht. Die Leistungselite kann mit Druck umgehen, indem sie sich abgrenzt und der eigenen Einstellung treu bleibt.” (S. 137f)
half-assed
- “[…] erledigt eine Aufgabe, wie Homer Simpson das ausdrĂĽckt, “half-assed”, halbherzig, mit angezogener Handbremse, ohne viel Commitment, Motivation oder Engagement, ohne den Willen zur herausradenden Leistung […].” (S. 140)
Nicht leistungsstark, sondern getrieben
- “Viele, die sich für leistungsstark halten und von anderen für leistungsstark gehalten werden, sind im Sinne der Transaktionsanalyse Getriebene — und fühlen sich auch so: bei allem Erfolg und aller Anerkennung von außen doch im Innersten getrieben, gestresst, oft insgeheim am Ende ihrer Kräfte.” (S. 147)
Antreiber ≠Leistungsfaktoren
- “Deshalb heißen die Antreiber auch Antreiber — und nicht Leistungsfaktoren. Weil sie zu enormem Aufwand antreiben, der mit echter Leistung, zählbarem Output und vorweisbaren Resultaten im zielorientierten Sinne einer effizienten Arbeit nichts zu tun hat.” (S. 148)
Wahre Größe = Output
- “Wir alle träumen von Applaus und Besonderheit — und sind damit schon halb auf dem Weg, zu Elitisten zu werden. Das beste Gegenmittel dagegen ist, sich täglich, stündlich echter Größe zu versichern. Und die liegt nun mal nicht in der Neurose, sondern in der eigenen, echten Leistung.” (S. 157)
6 – Leben im Seuchengebiet: Leistung macht einsam
Leistungsträger sind einsam
- “Der einsame Rufer in der Wüste zu sein, macht, wie der Begriff schon sagt, einsam. Viele Leistungsträger halten den Mund, schrauben ihre Leistung herunter oder verkaufen sich unter Wert, um nicht aus der Sippe des Teams, der Kollegen, der Familie, des Vereins, der Gruppierung, Partei, Schulklasse (”Streber!”) verstoßen zu werden.” (S. 168)
- “Der beste Verkäufer einer Niederlassung fĂĽr Gewerbebedarf sagt: “Dass ich zum dritten Mal Jahresumsatz-Champion geworden bin, freut mich nur eingeschränkt. Wenn du dauerhaft so viel besser bist als die anderen, glauben die, du hältst dich fĂĽr etwas Besseres und beginnen, dich zu meiden und heimlich zu sabotieren. […] Aber wenn du niemanden mehr hast, mit dem du dich auf deinem Level unterhalten kannst, weil die anderen immer nur ĂĽber Kunden schimpfen, anstatt bessere Sales Pitches zu diskutieren und immer nur ĂĽber ihre Wohnmobile und Urlaubsreisen reden, anstatt auch mal ĂĽber ein gutes Buch zu Gesprächstechniken — da kommst du dir schon wie ein Exot oder ein Nerd vor.” “ (S. 168)
8 – Drei Zukunftsszenarien: Was wird aus der Luschen-Gesellschaft?
Work-Life-Balance
- “Der Begriff Work-Life-Balance ist trendiges Modewort und Totschlagargument in jeder Diskussion, in der mehr Leistung gefordert wird. Dieses Begriffsverständnis setzt Arbeit und Leisung in Widerspruch und Gegensatz zu Privatleben und SinnerfĂĽllung. […] Work-Life-Balance wird heute leider häufig verstanden als “Life vs. Work”.” (S. 216f)
- “Meine Überzeugung ist: Wir erreichen ein sinnvolles und erfülltes Leben nicht dadurch, dass wir Leistungspotenziale beruflich und gesellschaftlich brach liegen lassen und uns aufs Privatleben konzentrieren, sondern dass wir in möglichst vielen Bereichen und Situationen unseres Lbens aud em Vollen sämtlicher unserer Begabungen, Fähigkeiten und Neigungen schöpfen. Schonhaltung ist einfach und bequem, erfüllt aber nicht wirklich. Nur Leistung im Rahmen der voll ausgeschöpften eigenen Potenziale, Anlagen und Fähigkeiten ermöglicht nachhaltige Lebenszufriedenheit, persönliche Weiterentwicklung, charakterliche Reifung, Erfüllung und Glück. Das wünsche ich uns allen.” (S. 218)