Oliver Burkeman: 4000 Wochen (2021) 📙

O

Meine Notizen

Einleitung: Am Ende sind wir alle tot

Das entscheidende Problem der menschlichen Existenz

  • “Wir besitzen die FĂ€higkeit, schier unendlich ehrgeizige PlĂ€ne zu schmieden, haben aber praktisch keine Zeit, sie in die Tat umzusetzen.” (S. 12)

1 – Die Begrenztheit des Lebens akzeptieren

Sich von der Zeit nutzen lassen

  • “Am radikalsten ist vielleicht, dass wir durch das Erkennen und Akzeptieren der begrenzten Macht ĂŒber unser Zeit die Vorstellung infrage stellen, dass Zeit ĂŒberhaupt etwas ist, das man nutzt. Es gibt eine Alternative: den unmodischen, aber wirkungsvollen Gedanken, sich von der Zeit nutzen zu lassen, indem man das Leben nicht als Gelegenheit betrachtet, seine vorbestimmten ErfolgsplĂ€ne zu verwirklichen, sondern auf die BedĂŒrfnisse seines Platzes und seines Augenblicks in der Geschichte reagiert.” (S. 45)
  • Das ist gar nicht so weit entfernt von der Theory U und der Idee von “leading from the future as it emerges”.

Die Grenzen akzeptieren

  • “Der Gedanke, dass die ErfĂŒllung darin liegen könnte, unsere zeitlichen Grenzen zu akzeptieren, anstatt sie zu leugnen […].” (S. 46)
  • vgl. Seth Godin: Boundaries are levers

2 – Die Effizienzfalle

GeschÀftigkeit

  • GeschĂ€ftigkeit […] ist ein besonders anschauliches Beispiel fĂŒr MĂŒhe, die wir aufwenden, um gegen unsere natĂŒrlichen Begrenzungen anzukĂ€mpfen, weil es inzwischen völlig normal geworden ist zu glauben, man mĂŒsste unbedingt mehr tun, als man tun kann.” (S. 49)

Die Situation ist unmöglich

  • “Diese Situation erscheint nicht nur unmöglich, sie ist es streng logisch gesehen auch. Es kann nicht sein, dass man mehr tun muss, als man tun kann. Diese Vorstellung ergibt keinen Sinn: Wenn man wirklich keine Zeit fĂŒr all das hat, was man tun möchte oder meint, tun zu mĂŒssen, oder was andere einem aufdrĂ€ngen, dann hat man eben keine Zeit — ganz gleich, wie schwerwiegend die Fogen sein mögen, wenn man nicht alles schafft.” (S. 50)
  • “Man tut, was man kann, man tut nicht, was man nicht kann, und die tyrannische innere Stimme, die darauf besteht, dass man alles tun muss, ist schlichtweg ein Irrtum.” (S. 50)

Wir werden praktisch alles verpassen

  • “Hat man erst einmal erkannt, dass man praktisch alle Erlebnisse, die die Welt zu bieten hat, verpassen wird, ist es kein Problem mehr, dass man so viele davon noch nicht erlebt hat. Stattdessen kann man sich darauf konzentrieren, die wenigen Dinge, fĂŒr die man tatsĂ€chlich Zeit hat, in vollen ZĂŒgen zu genießen […].” (S. 64)

Man muss sich entscheiden

  • “Man muss sich fĂŒr einige wenige Dinge entscheiden, alles andere opfern und mit dem unvermeidlichen GefĂŒhl des Verlustes umgehen, das damit einhergeht.” (S. 69)
  • “Man könnte natĂŒrlich eine ganz andere Wahl treffen. Doch die unausweichliche RealitĂ€t eines endlichen menschlichen Lebens ist, dass man sich entscheiden muss.” (S. 69)

3 – Der Endlichkeit begegnen

Verantwortung ĂŒbernehmen fĂŒr sein endliches Leben

  • “[…] “alles zu erledigen”, was in Wirklichkeit eine andere Art ist, sich der Verantwortung zu entziehen, darĂŒber zu entscheiden, was man mit seiner endlichen Zeit anfangen soll […].” (S. 76)

4000 Wochen sind ein Wunder!

  • “Warum sollte man 4000 Wochen als sehr geringe Zahl betrachten, weil sie im Vergleich zur Unendlichkeit so verschwindend ist, anstatt sie als gewaltige Zahl zu sehen, weil sie so viele Wochen mehr sind, als wenn man nie geboren worden wĂ€re?” (S. 80)
  • “Möglicherweise ist es nicht so, das man um einen unbegrenzten Vorrat an Zeit betrogen wurde; vielleicht ist es ein fast unbegreifliches Wunder, dass einem ĂŒberhaupt Zeit gewĂ€hrt wurde.” (S. 80)
  • Das ist ein ganz tiefer Gedanke. Er bringt uns nĂ€mlich weg von unserem Anspruchsdenken hin zu einer tief empfundenen Dankbarkeit.

4 – Gekonnt aufschieben

KlĂŒger im Prokrastinieren werden

  • Nach Gregg Krech: “Es geht also nicht darum, die Prokrastination zu ĂŒberwinden, sondern darum, klĂŒger auszuwĂ€hlen, was man aufschiebt, um sich auf das Wesentliche zu konzentrieren.” (S. 85f)

Der einzige Weg ist, sich Zeit zu nehmen — und die Konsequenzen zu ertragen

  • “Wenn eine bestimmte AktivitĂ€t also wichtig ist […], dann ist der einzige Weg, um sicherzugehen, dass sie auch wirklich stattfindet, dass man heute etwas davon tut, egal wie wenig und egal, wie viele andere wirklich wichtige Dinge um Aufmerksamkeit buhlen mögen. Nachdem [Jessica Abel] jahrelang erfolglos versucht hatte, Zeit fĂŒr ihre Illustrationen zu gewinnen, indem sie ihre Aufgabenliste abarbeitete und ihren Zeitplan umstellte, erkannte Abel, dass ihre einzige Möglichkeit darin bestand, sich stattdessen Zeit zu nehmen â€” einfach jeden Tag ein oder zwei Stunden zu zeichnen und die Konsequenzen zu ertragen, selbst wenn diese darin bestanden, andere AktivitĂ€ten zu vernachlĂ€ssigen, die ihr ebenfalls am Herzen lagen.” (S. 88f)
  • “Wenn man einen Teil seiner 4000 Wochen damit verbringen will, das zu tun, was einem am wichtigsten ist, dann muss man irgendwann damit anfangen.” (S. 89)

Wir bevorzugen die Fantasie gegenĂŒber der RealitĂ€t

  • “Wir erkennen nicht oder weigern uns zu akzeptieren, dass jeder Versuch, unsere Gedanken in konkrete RealitĂ€t umzusetzen, unweigerlich hinter unseren TrĂ€umen zurĂŒck bleiben muss, ganz gleich, wie gut es uns auch gelingen mag — weil die RealitĂ€t, anders als die Fantasie, ein Bereich ist, in dem wir keine grenzenlose Kontrolle haben […].” (S. 94)
  • “Irgendetwas — unsere begrenzten Talente, unsere begrenzte Zeit, unsere begrenzte Kontrolle ĂŒber Ereignisse und ĂŒber die Handlungen anderer Menschen — wird unsere Schöpfung immer weniger als perfekt machen. So entmutigend dies zunĂ€chst klingen mag, steckt darin doch eine befreiende Botschaft: Wenn man etwas vor sich herschiebt, weil man befĂŒrchtet, nicht gut genug zu sein, kann man sich entspannen — denn gemessen an den makellosen MaßstĂ€ben der eigenen Vorstellungskraft kann man es gar nicht gut genug machen. Also kann man auch gleich damit anfangen.” (S. 94)
  • “Es fĂ€llt mir leicht, mir etwa ein Leben vorzustellen, in dem ich beruflich sehr erfolgreich bin, mich als Elternteil und Partner auszeichne und mich gleichzeitig dem Marathontraining, ausgedehnten Meditationskursen oder der ehrenamtlichen Arbeit in meiner Gemeinde widme — denn solange ich nur fantasiere, kann ich mir vorstellen, dass sich all diese Dinge gleichzeitig und einwandfrei entwickeln. Sobald ich jedoch versuche, eines dieser Leben zu leben, bin ich gezwungen, Kompromisse einzugehen — weniger Zeit als gewĂŒnscht in einem dieser Bereiche zu investieren, um Raum fĂŒr einen anderen zu schaffen — und zu akzeptieren, dass nichts, was ich tue, perfekt ablĂ€uft, mit dem Ergebnis, dass sich mein tatsĂ€chliches Leben im Vergleich zur Fantasie unweigerlich als enttĂ€uschend erweist.” (S. 98)
  • “Auch hier ist die scheinbar entmutigende Botschaft in Wahrheit eine Befreiung. Da jede reale Entscheidung ĂŒber das eigene Leben den Verlust zahlloser alternativer Lebensmöglichkeiten mit sich bringt, gibt es keinen Grund, zu zögern oder sich zu weigern, Verpflichtungen einzugehen, in der Ă€ngstlichen Hoffnung, dass man solche Verluste irgendwie vermeiden könnte. Der Verlust ist eine Tatsache. Der Zug ist abgefahren — welche Erleichterung.” (S. 98)

Sich festlegen ist wahnsinnig befreiend

  • “Wenn man nicht mehr umkehren kann, fĂ€llt die Angst weg, denn jetzt gibt es nur noch eine Richtung: vorwĂ€rts in die Konsequenzen der eigenen Entscheidung.” (S. 103)
  • vgl. Eheversprechen, Kinder kriegen, KĂŒndigung aussprechen
 Wenn’s passiert ist, entsteht eine Energie nach vorne.

5 – Das Wassermelonen-Problem

Ablenkung

  • “Es spielt schließlich kaum eine Rolle, wie sehr man sich bemĂŒht, seine begrenzte Zeit optimal zu nĂŒtzen, wenn die eigene Aufmerksamkeit stĂ€ndig von Dingen beansprucht wird, mit denen man sich gar nicht befassen wollte.” (S. 106)

Aufmerksamkeit ist das Leben selbst

  • “Aufmerksamkeit hingegen ist das Leben selbst: Die Erfahrung, am Leben zu sein, besteht aus nichts anderem als aus der Summe der Dinge, denen man Aufmerksamkeit schenkt. Wenn man am Ende des Lebens zurĂŒckblickt, ist das, was von Augenblick zu Augenblick die Aufmerksamkeit erregt hat, schlichtweg das, was das Leben ausgemacht haben wird. Wenn man seine Aufmerksamkeit auf etwas richtet, das man nicht besonders schĂ€tzt, bezahlt man also buchstĂ€blich mit seinem Leben.” (S. 107)

Wir wollen abgelenkt werden

  • “Zwar dĂŒrfen wir Silicon Valley nicht vom Haken lassen, doch sollten wir ehrlich sein: In den meisten FĂ€llen lassen wir uns freiwillig ablenken. Irgendetwas in uns will abgelenkt werden, sei es durch unsere digitalen GerĂ€te oder durch irgendetwas anderes, damit wir unser Leben nicht mit dem verbringen, was uns am wichtigsten erscheint. […] Dies ist eines der heimtĂŒckischsten Hindernisse, mit denen wir bei unseren BemĂŒhungen, unser begrenztes Leben gut zu nutzen, konfrontiert werden.” (S. 116)

6 – Die Lust der Ablenkung

Die Lust der Ablenkung

  • “In der Regel sitzt man nicht vollkonzentriert da, bis man plötzlich gegen den eigenen Willen abschweift. Vielmehr sucht man nach der kleinsten Ausrede, um sich von der Arbeit abzuwenden, damit man dem Unbehagen entgehen kann, das man dabei empfindet […].” (S. 120)
  • “Es heißt, dass es einen “Krieg um unsere Aufmerksamkeit”, in dem Silicon Valley die Invasionsmacht sei. Doch wenn das stimmt, ist unsere Rolle auf dem Schlachtfeld die eines Kollaborateurs mit dem Feind.” (S. 120)
  • ““Eine der verwirrenden Lektionen, die ich gelernt habe, ist, dass ich auf die meisten Dinge, die getan werden mĂŒssen, nicht selten eigentlich gar keine Lust habe”, bemerkt der Autor Gregg Krech, der seine eigenen Erfahrungen mit diesem Drang schildert. “Damit meine ich nicht nur das Putzen der Toilette oder die SteuererklĂ€rung. Ich rede von den Dingen, die ich wirklich gern erledigen wĂŒrde.” (S. 120)
  • “Die Lösung des RĂ€tsels, so dramatisch sie auch klingen mag, ist die, dass wir immer dann, wenn wir uns ablenken lassen, einer schmerzhaften Begegnung mit unserer Endlichkeit zu entfliehen versuchen […].” (S. 121)
  • “Wenn man also versucht, sich auf etwas zu konzentrieren, das man fĂŒr wichtig hĂ€lt, ist man gezwungen, sich seinen Grenzen zu stellen — eine Erfahrung, die sich gerade deshalb besonders unangenehm anfĂŒhlt, weil man die Aufgabe, um die es geht, so hoch bewertet.” (S. 121)
  • “Kein Wunder, dass wir uns online ablenken, wo keine Grenzen zu existieren scheinen […].” (S. 122)
  • “Selbst wenn man Facebook kĂŒndigt, sich wĂ€hrend des Arbeitstages aus den sozialen Medien aussperrt oder sich in eine HĂŒtte im Gebirge zurĂŒckzieht, bleibt der Zwang, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren, wahrscheinlich trotzdem unangenehm, sodass man einen Weg findet, den Schmerz zu lindern, indem man sich ablenkt durch TagtrĂ€ume, ein unnötiges Nickerchen oder (die bevorzugte Option des ProduktivitĂ€tsfanatikers) indem man seine Aufgabenliste ĂŒberarbeitet und seinen Schreibtisch aufrĂ€umt.” (S. 123)
  • “Der Kernpunkt ist, dass die Dinge, die wir fĂŒr “Ablenkung” halten, nicht die eigentliche Ursache fĂŒr unsere Ablenkung sind. Sie sind lediglich die Orte, an denen wir Zuflucht vor der unangenehmen Konfrontation mit der Begrenztheit suchen. Der Grund, warum es schwer ist, sich auf ein GesprĂ€ch mit dem Ehepartner zu konzentrieren, ist nicht, dass man heimlich unter dem Esstisch auf sein Handy schaut. Im Gegenteil: Man schaut deshalb heimlich aufs Handy, weil es schwer ist, sich auf das GesprĂ€ch zu konzentrieren â€” weil Zuhören Anstrengung, Geduld und Hingabe erfordert und weil das, was man hört, einen aufregen könnte, sodass es natĂŒrlich angenehmer ist, aufs Handy zu schauen. Selbst wenn man sein Handy außer Reichweite legt, sollte man sich daher nicht wundern, wenn man nach einer anderen Möglichkeit sucht, sich der Aufmerksamkeit zu entziehen.” (S. 123f)
  • “Ich wĂŒnschte, ich könnte an dieser Stelle das Geheimnis verraten, wie man den Drang nach Ablenkung ĂŒberwinden kann […]. In Wahrheit glaube ich jedoch nicht, dass es eine wirksame Formel gibt. Der beste Weg, der Ablenkung ihre Macht zu nehmen, besteht darin, nicht mehr zu erwarten, dass die Dinge anders laufen, sondern zu akzeptieren, dass dieses Unbehagen einfach das ist, was wir als endliche Menschen empfinden, wenn wir uns anspruchsvollen und wertvollen Aufgaben widmen, die uns zwingen, uns mit unserer begrenzten Kontrolle darĂŒber auseinanderzusetzen, wie sich unser Leben entfaltet.” (S. 124)

7 – Man hat nie wirklich Zeit

Die Sehnsucht, die Zukunft verlÀsslich zu machen

  • “Im Kern ist Besorgnis die sich wiederholende Erfahrung, dass der Verstand versucht, ein GefĂŒhl der Sicherheit in Bezug auf die Zukunft zu erzeugen, daran scheitert und es dennoch wieder und wieder und wieder versucht — als könnte die bloße Anstrengung der Sorge irgendwie helfen, eine Katastrophe zu verhindern.” (S. 132)
  • “Das Streben nach Kontrolle ĂŒber die Zukunft ist ein deutliches Beispiel dafĂŒr, wie wir uns weigern, unsere natĂŒrlichen Grenzen zu akzeptieren, wenn es um die Zeit geht, denn es ist ein Kampf, den der Besorgte offensichtlich nicht gewinnen kann.” (S. 133)

9 – Die Wiederentdeckung der Ruhe

Das Verschwinden der Freude

  • “Seine Freizeit bezĂŒglich ihrer NĂŒtzlichkeit fĂŒr anderes zu beurteilen fĂŒhrt bedauerlicherweise dazu, dass sie sich plötzlich vage nach Pflicht anfĂŒhlt, mit anderen Worten wie Arbeit — im schlimmsten Sinne des Wortes. Der Theaterkritiker Walter Kerr beschrieb das Problem schon im Jahr 1962 in seinem Buch The Decline of Pleasure:“Wir sind alle gezwungen”, heißt es dort, “fĂŒr den Profit zu lesen, fĂŒr Kontakte zu feiern 
 fĂŒr WohltĂ€tigkeit zu spielen, abends auszugehen, um zum Glamour unserer Heimatstadt beizutragen und zu Hause zu bleiben, um das Haus zu renovieren.” “ (S. 163)
  • “Um das einzige Leben, das einem zur VerfĂŒgung steht, in einem möglichst umfassenden Sinn wirklich zu leben, muss man gerade darauf verzichten, jede freie Minute fĂŒr persönliches Wachstum zu nutzen. Aus dieser Perspektive ist Faulheit nicht einfach verzeihlich; sie ist gewissermaßen Pflicht.” (S. 168)

Faulheitsaversion — Protestantische Arbeitsethik

  • Faulheitsaversion = die UnfĂ€higkeit, sich auszuruhen (S. 170)
  • “Wir rĂŒhmen uns heute, solchen Aberglauben ĂŒberwunden zu haben. Und doch verbirgt sich in unserem Unbehagen gegenĂŒber allem, das sich zu sehr nach Zeitverschwendung anfĂŒhlt, ein Verlangen, das dem nach ewiger Erlösung nicht unĂ€hnlich ist. Solange man jede Stunde des Tages mit irgendeiner Form von Anstrengung verbringt, kann man an dem Glauben festhalten, dass all dieses BemĂŒhen einen irgendwohin bringt — zu einem imaginierten zukĂŒnftigen Zustand der Perfektion, einem Himmelreich, in dem alles glattlĂ€uft […].” (S. 171)
  • “Vielleicht sollten wir auch nicht zu ĂŒberrascht sein, wenn die AktivitĂ€ten, mit denen wir unsere freie Zeit verbringen, zunehmend nicht nur der Arbeit Ă€hneln, sondern in manchen FĂ€llen, wie beispielsweise bei SoulCycle-Kursen oder CrossFit-Work-outs, einer körperlichen Bestrafung — der Selbstgeißelung der schuldbewussten SĂŒnder, die Ă€ngstlich bemĂŒht sind, jeden Makel der Faulheit zu eliminieren, bevor es zu spĂ€t ist.” (S. 172)

10 – Die Ungeduldsspirale

Es ist doch sch
egal, wie lange es dauert!

  • “Wenn man endlich der Tatsache ins Auge blickt, dass man nicht bestimmen kann, wie schnell etwas geht, hört man auf, schneller laufen zu wollen als die eigene Angst, und die Angst verwandelt sich. Sich in ein schwieriges Arbeitsprojekt zu vertiefen, das einfach nicht beschleunigt werden kann, ist nun kein Auslöser fĂŒr StressgefĂŒhle mehr, sondern ein belebender Akt der bewussten Entscheidung […].” (S. 196)
  • “Und im klaren Bewusstsein der eigenen Begrenztheit kultivieren wir nach und nach die uncoolste, aber vielleicht wichtigste Superkraft ĂŒberhaupt: Geduld.” (S. 196)

11 – Im Bus sitzen bleiben

Geduld hat einen schlechten Ruf

  • “Es ist nicht ĂŒbertrieben zu behaupten, dass Geduld einen sehr schlechten Ruf hat. Zum einen erscheint einem die Aussicht auf etwas, von dem einem gesagt wurde, dass es Geduld erfordert, von vornherein schon einmal ziemlich unattraktiv. DarĂŒber hinaus hat aber Geduld vor allem etwas beunruhigend Passives an sich.” (S. 197)

Geduld ist eine Form von Macht

  • “Doch seit sich alles immer mehr beschleunigt, haben hier erhebliche Verschiebungen stattgefunden. In immer mehr Kontexten wird Geduld zu einer Form von Macht. In einer Welt, in der alle in Eile sind, wird die FĂ€higkeit, diesem Drang zu wiedersehen — den Dingen die Zeit zu geben, die sie nun einmal brauchen —, zu einer Möglichkeit, in der Welt wirksam zu werden, die Arbeit zu tun, die zĂ€hlt, und aus dem eigenen Tun Befriedigung zu ziehen, anstatt diese immer wieder auf die Zukunft zu verschieben.” (S. 197f)
    • vgl. die Entwicklung eines wirklich durchdachten Unternehmenskonzepts nach GĂŒnter Faltin.

Übung fĂŒr Studierende: 3 Stunden ein GemĂ€lde anschauen

  • Von Jennifer Roberts, die an der Harvard University Kunstgeschichte unterrichtet.
  • “Die erste Aufgabe in ihrem Seminar ist immer dieselbe, und die Entsetzensschreie, die sie den Studierenden entlockt, sind legendĂ€r: Suchen Sie sich ein GemĂ€lde oder eine Skulptur in einem der hiesigen Museen aus, fahren Sie dort hin und betrachten Sie das Kunstwerk drei Stunden am StĂŒck. E-Mails und soziale Medien sind tabu; auch kurz zu Starbucks laufen ist verboten. (Roberts hat sich schweren Herzens dazu durchgerungen, kurze ToilettengĂ€nge zu erlauben.)” (S. 198)

Die Parabel ĂŒber Helsiniks zentralen Busbahnhof (S. 208f)

  • Vom finnisch-amerikanischen Fotografen Arno Minkkinen
  • “Bleiben Sie im Bus sitzen. Bleiben Sie einfach in dem verfluchten Bus sitzen.” (Arno Minkkinen, S. 209)
  • vgl. Dorie Clark: The Long Game
  • vgl. Sich festlegen ist wahnsinnig befreiend (S. 103)

12 – Die Einsamkeit des digitalen Nomaden

Die Einsamkeit des digitalen Nomaden

  • “Der Grund dafĂŒr, dass es fĂŒr mich schweirig ist, unter der Woche auch nur eine einzige Stunde fĂŒr ein vernĂŒnftiges GesprĂ€ch mit meiner Frau zu finden oder einen Abend, an dem ich meine drei engsten Freunde auf ein Bier treffen kann, ist normalerweise nicht, dass wir “keine Zeit haben”, auch wenn wir uns das selbst manchmal einreden. Wir haben sehr wohl die Zeit — aber es ist einfach unwahrscheinlich, dass dieser Zeitraum fĂŒr andere derselbe ist wie fĂŒr uns selbst. Wir sind zwar frei, unseren eigenen, durch und durch individuellen ZeitplĂ€nen zu folgen — in unsere Jobs eingespannt sind wir aber natĂŒrlich trotzdem, und jeder von uns hat sich ein Leben zurechtgebastelt, das sich nur schwer mit dem der anderen in Übereinstimmung bringen lĂ€sst.” (S. 228)

13 – Die “Dem-Kosmos-ist’s-egal-Therapie”

Möglichkeitsschock

  • Konzept des New Yorker Schriftstellers und Regisseurs Julio Vincent Gambuto, nach den Corona-Lockdowns
  • “Ich bitte Sie, atmen Sie tief durch, ignorieren Sie den ohrenbetĂ€ubenden LĂ€rm, und denken Sie scharf darĂŒber nach, was Sie in Ihr Leben zurĂŒckholen möchten und was nicht. Dies ist unsere Chance, neu zu definieren, was normal ist, eine seltene und wahrhaftig heilige (ja, heilige) Gelegenheit, den Bullshit hinter uns zu lassen und nur das wieder aufzugreifen, was fĂŒr uns wirklich funktioniert, was unser Leben reicher, unsere Kinder glĂŒcklicher und uns selbst wirklich stolz macht.” (Julio Vincent Gambuto, S. 235f)

Dem Kosmos ist’s egal

  • “Und genau deshalb erscheint es mir sinnvoll, die letzte Etappe unserer gemeinsamen Reise mit einer schlichten, doch ĂŒberraschend befreienden Wahrheit einzuleiten: Dass es nĂ€mlich nicht besonders wichtig ist, was ir mit unserem Leben anfangen — und es dem Universum im Grunde herzlich egal ist, wie wir unsere begrenzte Zeit auf Erden nutzen.” (S. 237)
  • “TatsĂ€chlich fĂŒhrt aber die Überbewertung der eigenen Existenz zu ĂŒberzogenen Erwartungen an sich selbst. Die Latte hĂ€ngt einfach viel zu hoch. Es wird suggeriert, dass nur zutiefst beeindruckende Taten als “gut genutzte Lebenszeit” zĂ€hlen oder etwas, das wenigstens einen bleibenden Einfluss auf zukĂŒnftige Generationen hat […].” (S. 240)

14 – Die Leiden des Menschen

Was mir das Leben eigentlich schenkt

  • “Ich schĂ€lte gerade einen roten Apfel aus unserem Garte, als ich plötzlich verstand, dass das Leben mir nicht anderes schenken wĂŒrde als eine Abfolge wunderbarer, unlösbarer Probleme â€” und mit diesem Gedanken schwappte ein Ozean des tiefen Friedens in mein Herz.” (Christian Bobin, französischer Schriftsteller, S. 250)
  • vgl. Personal Projects, v.a. Beziehungsprojekte
  • Sind die SelbstĂ€ndigkeit, das Unternehmertum, die GrĂŒndungsberatung nicht auch so wunderbare unlösbare Problemem fĂŒr mich und meine Kund*innen?

Es interessiert niemanden außer mich selbst

  • “Ab einem bestimmten Alter dĂ€mmert es uns dann doch plötzlich, dass es eigentlich niemanden so richtig interessiert, was wir mit unserem Leben machen.” (Stephen Cope, Psychotherapeut, S. 254)
  • “Und unnötig, weil es ĂŒberhaupt gar keinen Grund gibt, mit dem Leben zu warten, bis man die Zustimmung von irgendjemand oder irgendetwas anderem erhalten hat.” (S. 254)
    • Auch nicht von den eigenen Kindern!

Das Leben ist keine Generalprobe

  • “Es passiert leicht, dass man viele Jahre seines Lebens wie eine Generalprobe behandelt, weil man voraussetzt, dass man gerade dabei ist, sich die FĂ€higkeiten und Erfahrungen anzueignen, durch die man dann spĂ€ter etwas perfekt beherrscht. Mit ist dagegen in meinem Erwachsenenleben immer wieder aufgefallen, dass es keine einzige Institution und keinen Lebenslauf gibt, in dem nicht permanent improvisiert wĂŒrde.” (S. 255)
  • Es wird ĂŒberall gepfuscht!

Literaturtipp

Greg Krech: The Art of Taking Action: Lessons from Japanese Psychology


Entdecke mehr von schmatzberger.com

Subscribe to get the latest posts sent to your email.