Paradoxe Weisheiten
Ein guter Bankberater müsse die Träume seiner Kunden kennen, erklärte mir mein ehemaliger Bankberater. Aber die würden ihm ja nie erzählt, jedenfalls nicht die interessanten. Er schaute mich hoffnungsvoll an, dann wandte er sich irgendeiner Broschüre zu. Man könne ja niemanden zu seinem Glück zwingen, sagte er. Schon aus rein rechtlichen Gründen, sagte er. Da habe er sich erkundigt, sagte er. (S. 23)
Und sagen Sie jetzt nicht, dass Sie noch einmal darüber schlafen möchten. Darüber schlafen macht alles immer nur komplizierter. (S. 34)
Eine Altersvorsorge könne er mir nicht guten Gewissens empfehlen, sagte mein ehemaliger Bankberater. „Überhaupt: Vorsorge“, sagte er. „Als ob man die Sorgen so einfach hinters Licht führen könnte, als ob man weniger Sorgen hätte, wenn man sie einfach nach vorne verlegt.“ Er sah mich aufgebracht an. „Den Sorgen selbst ist es reichlich egal, was für eine Art von Sorge sie sind“, ließ er mich notieren. Dann ließ er es mich doppelt unterstreichen. (S. 34f)
Es gibt viel mehr nicht, als es gibt. (S. 41)
Er kenne einen erstaunlichen Kartentrick, erzählte mein ehemaliger Bankberater, nachdem wir während eines Termins wieder einmal etwas zu lange geschwiegen hatten. Dann schwieg er weiter. „Aber sie wissen nicht, wie er geht, oder?“, fragte ich. „Nein“, sagte mein ehemaliger Bankberater. „Soll ich mir etwas über den Unterschied zwischen Kennen und Können notieren?“, fragte ich. „Nein“, sagte mein ehemaliger Banberater. (S. 69)
Das meiste war schließlich einfach und der Rest nicht sehr schwer. (S. 77)
Die Briefmarkensammlung meines ehemaligen Bankberaters bestand aus einer eingerissenen 55-Cent-Marke und einem Aufklebe-Tattoo. Ihm fehle einfach die Zeit, sagte er. Und die Lust, sagte er. Und die Briefmarken, sagte er. (S. 106)
Ehrlich gesagt, läuft es bei mir nämlich sonst gerade nicht besonders gut. Ich habe ein wenig den Überblick darüber verloren, was genau nicht besonders gut läuft. Ich fürchte, alles. Alles läuft nicht besonders gut. Und über alles verliert man leicht den Überblick. (S. 113)
Achtzehneinhalb Stunden sind bei genauerer Betrachtung gar nicht so wenig. Wenn sich Dinge ändern, dann ohnehin meistens von einer Sekunde auf die nächste, die Dinge sind sprunghaft, und in achtzehneinhalb Stunden haben sie doch mehr als ausreichend Platz zum Springen. (S. 116)
Vielleicht wendet sich alles nur zum Guten, wenn man auf das Gute ausreichend vorbereitet ist. (S. 117)
Sie müssen endlich lernen, zwischen Etappe und Ziel zu unterscheiden, Herr Willis. (S. 120)
Das Bleiben der Dinge ist ihre größte Schwäche. (S. 123)
Er habe vor Kurzem angefangen, Sport zu treiben, sagte mein ehemaliger Bankberater. Und dann habe er wieder damit aufgehört. „Ich bringe Dinge eben gern zu Ende“, sagte er. (S. 144)
Es sind noch mehr als fünfzehn Stunden übrig. Das ist reichlich Zeit, aber ich habe keine Ahnung, wofür. (S. 145)
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