Das digitale Notizbuch von Günter Schmatzberger

Der strengste Chef

D

Ich merke immer wieder: Mein Denken ist sehr Defizit-orientiert. Zumindest gegenüber mir selbst, bei anderen Menschen bin ich viel großzügiger.

Das hat ein paar Vorteile (z.B. treibt es mich an, besser zu werden), aber auch viele Nachteile. Einer davon: Ich kann mich über kaum was freuen, weil ich immer im Auge habe, was noch fehlt.

Die Frage ist: Will der Mitarbeiter in mir so einen Chef haben? Will ich für so jemanden arbeiten? Wer würde für so jemanden arbeiten wollen?

Kann sein, dass der Chef in mir mal zur Personalentwicklung müsste.

Lass los!

L

Wenn du, Hand auf’s Herz, deine eigenen Angebote nicht kaufen würdest oder gekauft hättest, dann hör heute damit auf, sie anzubieten. Heute!

Hör auf damit. Hör einfach auf damit!

Der Zeit-Geld-Trade-off

D

Bei vielen Lifestyle Entrepreneuren sind (Frei-)Zeit und Einkommen ein Trade-off.

Wer weniger Stunden arbeiten möchte, verzichtet auf Einkommen. Wer sein Einkommen erhöhen möchte, wird das auf Kosten der Zeit für Familie, Freunde, Hobbys etc. tun müssen.

Ja, es gibt die Leute, die von Skalierung, Automatisierung und Passivem Einkommen reden und dir weiß machen wollen, dass du damit dem Zeit-Geld-Trade-off entkommst.

Das kannst du meistens vergessen – jedenfalls in der Gründungs- und Startphase. Dein Einkommen wird (auch) ein Ergebnis deiner eingesetzten Zeit sein. Punkt.

Oder, anders formuliert: Wenn du gut verdienst, dann behalte die (persönlichen) Kosten im Auge, die du für dieses Einkommen zahlst.

Bemühen

B

Ich will meinen potenziellen Kund:innen nicht auf die Nerven gehen. Ich will ihnen nichts andrehen, und ich will sie zu nichts überreden.

Aber ich werde versuchen, ihnen den Nutzen meiner Angebote so gut ich nur irgendwie kann zu erklären.

Und: Ich will mich intensiv um sie bemühen.

Betriebs-Rat gesucht

B

Hinter den Kulissen meines Solo-Business tobt gerade eine Meinungsverschiedenheit zwischen dem Chef in mir und dem Mitarbeiter in mir. Es geht um die kommenden Osterferien.

Der Mitarbeiter in mir hätte gerne frei. Er sagt, dass nach vielen FH-Lehrveranstaltungen und viel Arbeit in leiwand.business er sich ein paar freie Tage redlich verdient hätte. Ich habe ihn hinter vorgehaltener Hand andernfalls schon Streikdrohungen murmeln gehört.

Der Chef in mir sieht die ruhigen Tage in der Karwoche als ideale Gelegenheit, lange liegengebliebene und (tatsächlich!) sehr wichtige Projekte anzugehen. Er findet, dass mir das Faulenzen in Wirklichkeit eh keinen Spaß macht und ich mich lieber mit leiwanden Zukunftsprojekten beschäftigen sollte.

Die Diskussion ist hitzig, und aktuell gibt es noch keinen eindeutigen Favoriten. Ich verstehe beide.

Mal sehen, wer sich diesmal durchsetzen wird.

Klicktipp

K

Ich mache bei einer Online-Tipprunde mit. Wir tippen jede Woche die Ergebnisse der 2. österreichischen Fußball-Bundesliga (wo mein Lieblingsverein Admira Wacker spielt).

Ich liege dort aktuell auf dem zwölften Platz von 47 Teilnehmer:innen. Das finde ich respektabel.

Mein Erfolgsgeheimnis ist einfach: Ich tippe zwar nicht besonders gut, aber ich tippe regelmäßig. Ich habe, seit ich mitspiele, noch keine einzige Runde versäumt.

Ich bin mir sicher, dass hinter mir viele Mitspieler:innen liegen, die viel bessere Tipps abgeben als ich. Aber ich sammle jede Runde meine Pünktchen, während sie in manchen Runden vergessen zu tippen und gar keine Punkte bekommen.

Mit Beharrlichkeit kann man einiges an fehlender Kompetenz wettmachen.

A Complete Unknown

A

Aus dem Film “A Complete Unknown” über den jungen Bob Dylan habe ich mir folgenden Satz mitgenommen:

Du kannst schön sein oder hässlich,
aber du darfst nicht durchschnittlich sein.

Wenn man den Film mit einem Satz zusammenfassen wollte, wenn man das “Theme” dieses Films auf den Punkt bringen wollte, dann wäre es wohl das.

Zu zweit

Z

Zu zweit zu gründen hat viele Vorteile, aber es hat auch einige Nachteile.

Welche Vorteile und welche Nachteile es konkret hat, kann ich dir aber leider nicht sagen. Das hängt nämlich von deiner Persönlichkeit und der deines Business-Partners ab.

Aber eines kann ich dir versichern: Du musst deinen Business-Partner wirklich, wirklich mögen.

Sonst wird das nix.

Idealisten im Schuldienst

I

Elke Höfler über die aktuelle Situation von Lehrer:innen in Schuldienst:

„Alle, die Idealisten sind, sind am Limit. Und die, die nicht Idealisten sind, haben im Schuldienst fast nix zu suchen.“

Verkaufen und predigen

V

Gute Verkäufer wissen, dass es ein gewisses Etwas braucht, um andere Menschen zum Kaufen zu bringen. Dieses gewisse Etwas lässt sich nicht herstellen, und es lässt sich nicht einstudieren. Dieses gewisse Etwas kommt aus der inneren Haltung des Verkäufers.

Aber was genau ist dieses gewisse Etwas?

Der ehemalige Box-Weltmeister George Foreman beschreibt es so: „Ich verliebe mich in jedes Produkt, das ich verkaufe. Das ist es, was sich verkauft. Genau wie beim Predigen.“

RIP George Foreman

Ohne Begeisterung

O

Wenn du etwas ohne Begeisterung machst, dann kannst du davon ausgehen, dass es nicht dein Projekt ist.

Das heißt nicht, dass dieses Projekt nicht sinnvoll ist. Das heißt auch nicht, dass du damit aufhören solltest.

Es heißt nur: Du arbeitest an der Sache von jemand anderem. Bewusst oder unbewusst hast du dich in dessen Dienst gestellt.

Mach weiter, wenn es für dich passt. Aber nimm dir vielleicht ein paar Sekunden, dein Herz zu fragen und nicht nur deinen Kopf.

Wachstum als Solopreneur:in

W

Unternehmerisches Wachstum bedeutet, sich ständig neu zu erfinden.

Und das wiederum bedeutet: Immer näher zum Kern von sich selbst zu kommen (zur Essenz) — und gleichzeitig sich immer besser zu dem hinwenden, was am Markt (gerade) los ist.

[Danke Monika Birkner für diesen Gedanken.]

Fragen ohne Antworten

F

Schöner Gedanke von Michael und Manfred Winterheller:

Nur, weil mich jemand fragt, heißt das nicht, dass ich eine Antwort haben muss.

Das klingt paradox, und das ist gerade für Berater:innen und Lehrer:innen wie ich schwer auszuhalten. Aber: Es geht in “echten”, d.h. wirklich menschlichen Gesprächen nicht um inhaltliche Dominanz, sondern darum, dass Menschen über ihre Sorgen mit jemandem reden wollen. Menschen wollen gehört und gesehen werden.

So verstanden, ist eine Frage sehr oft keine Aufforderung für eine Antwort, sondern die Frage ist eine Einladung zu einem Gespräch. Weil ein Gespräch an sich unglaublich heilsam sein kann – egal, wer am Ende dann eine Antwort auf die Frage ausspricht.

Nie ist Ruhe

N

In unserem Wirtschaftssystem kann niemals Ruhe sein, weil der Kapitalismus so nicht funktioniert.

Kapitalismus bedeutet ständige Veränderung, lauter Vorläufigkeiten und immerwährende Instabilität. Was heute noch normal ist, wird morgen in Frage gestellt. Was sich heute keiner vorstellen kann, ist übermorgen nicht mehr wegzudenken. Kapitalismus, das ist auch die ständige Suche nach dem Neuen, nach dem Besseren.

Wer ein Unternehmen gründet, der baut ein Haus in einem Erdbebengebiet, wo jeden Tag die Wände wackeln.

Bereite dich besser darauf vor!

Wissen’s eh…

W

Unlängst wurde mir folgende Geschichte zugetragen:

Schauplatz: Eine Außenstelle der Wiener Arbeiterkammer. Ein gepeinigter Arbeitnehmer hat dort ein Beratungsgespräch und bekommt zum Abschied einen Folder in die Hand gedrückt. Der Kunde wird gebeten, beim Info-Point einen Folgetermin auszumachen.

Also zum Info-Point. Dort wird ihm der Folder aus der Hand genommen. Der Info-Point-Mitarbeiter nimmt routiniert einen Tipp-Ex Roller zur Hand und korrigiert handschriftlich die Telefonnummer auf der Folder-Rückseite.

“Sie sind wohl gerade erst umgezogen?”, fragt der Kunde. “Nein, wir sind eh schon drei Jahre da. Aber wir können die Telefonnummer in der Druckvorlage selber nicht korrigieren, und der Grafiker, naja, der hat bis jetzt auch noch nicht…” – “Drei Jahre?”, fragt der Kunde. – “Ja”, seufzt der AK-Mitarbeiter. “Wissen’s eh, wie das ist…”

Ja, wir wissen‘s alle. Denn jeder von uns hat so skurrile Folder-Telefonnummer-Probleme – auch wenn sie bei jedem von uns ein bisschen anders aussehen.

Wir alle leiden gleich

W

Auch Menschen mit viel Geld leiden.

Sie werden dafür von den meisten Menschen kein Mitleid bekommen. Viele denken: Weil sie ja viel Geld haben, hätten sich reiche Menschen unser Mitleid nicht verdient und könnten sich mit ihrem Geld eh alles richten. Oder: Reiche Menschen hätten eh nur “Luxusprobleme” und keine “echten” und sollten nicht so wehleidig sein. Oder, noch schlimmer: Reiche Menschen sind im Leben eh auf der Butterseite gelandet, da schadet es nicht, wenn sie auch ab und zu mal auf die Nase fallen.

Aber: “Suffering is suffering”, sagt Caroline Fleck. Jeder Mensch leidet, und diese Schmerzen sind echt. Der Schmerz armer Menschen ist nicht edler, und der Schmerz reicher Menschen ist nicht weniger wahrhaftig. Wir sind alle nur Menschen, und kein Geld der Welt kann uns erlösen von dem Unglück, das der menschlichen Existenz mitunter innewohnt.

Spannend, wie es Geld immer wieder schafft, unseren Blick für das Menschliche zu vernebeln.

Preis ist ein Gefühl

P

Spannender Gedanke von Rory Sutherland:

Für Ökonomen ist der Preis eine Zahl. Aber für Konsumenten ist der Preis ein Gefühl.

Das würde bedeuten: Gib deinen Kund:innen nicht gute Argumente, sondern ein gutes Gefühl, wenn es um deinen Preis geht.

Menschen sind interessant

M

Kai Diekmann sagt: Wir interessieren uns nicht in erster Linie für Themen, sondern wir interessieren uns für Menschen.

Deswegen sind ja z.B. auch Menschen auf den Wahlplakaten und keine Parteiprogramme.

“Warum? Weil wir analoge Wesen sind, weil wir uns für den Anderen interessieren, wir dem Anderen vertrauen oder nicht vertrauen.”

Als Selbständiger hast du natürlich jedes Recht, diesen Umstand in deinem Marketing zu ignorieren.

Wirst eh sehen, was du davon hast.

Gaunerei

G

Chris Williamson sagt: Gaunerei ist, wenn du was verkaufst (oder promotest), das du selber nie nützen würdest oder woran du selber nicht glaubst.

Hand auf’s Herz: Bist du ein Gauner?

Wenn die Angst sich meldet

W

Ich kenne eine Gründerin, die mit ihrem Solo-Business bisher wirklich gut verdient hat. Sie ist eine Spezialistin in ihrem Bereich, gefragt und gesucht, und sie hat Kunden, die nicht jeden Euro zweimal umdrehen müssen.

Erstmals in ihrer Selbständigkeit erwartet sie 2025 sinkende Umsätze. Und das macht ihr Angst.

Sie weiß zwar, ganz objektiv gesehen, dass sie ein ganzes Jahr ganz ohne neue Umsätze auskommen würde, so viel hat sie auf der hohen Kante. Aber das kann sie nicht beruhigen. Die Existenzängste melden sich trotzdem.

Ich habe das in meinen Gründungsberatungen schon so oft beobachtet: Egal, wie hoch dein Kontostand ist… Die Existenzangst geht nie weg. Geld beruhigt nicht.

Seth Godin sagt: Das Beste, was wir tun können, ist zu lernen, mit unserer Angst zu tanzen.