Das digitale Notizbuch von Günter Schmatzberger

Versprochen – Gebrochen

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Zalando hat jahrelang mit „Schrei vor Glück oder schick’s zurück!” Kund:innen angelockt. Jetzt drohen sie genau diesen Kund:innen mit Bestellverboten, wenn sie zu oft retournieren.

Das Muster dahinter: Erst bauen sie sich einen Kundenstock mit einem leiwanden Versprechen auf. Dann kommen sie drauf, dass dieses Versprechen zu halten teuer ist. Und dann, wenn sie groß genug sind, streichen sie es wieder – aus Kosten- oder „Nachhaltigkeits”-Gründen.

Es stimmt schon: Wenn du ein großzügiges Versprechen gibst, wird es immer einige geben, die es über Gebühr ausnützen. Aber das musst du dir überlegen, bevor du dein Versprechen gibst. Das war ja abzusehen. Entweder gilt dein Versprechen – oder nicht.

Große Konzerne können sich so ein Theater leisten. Sie schwindeln sich raus, verlieren dabei Vertrauen, aber haben genug Marktmacht, dass es wurscht ist.

Wir Solopreneure können uns das nicht leisten. Wenn wir ein Versprechen geben, müssen wir es halten. Punkt.

Deshalb: Überlege dir vorher, was du versprichst. Kalkuliere die Kosten mit ein. Und dann stehe dazu – auch wenn’s manchmal teuer wird.

Am Sonntag

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Es ist (auch) dein Sonntag!

Mach damit, was du willst!

(Zu) viel Herzblut

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Unlängst hatte ich ein sehr nettes Gespräch mit einem Gründer, den ich seit fünf Jahren begleite.

Er meinte, dass ihm in Gesprächen mit anderen Solo-Selbständigen auffällt, dass sich diese “viel zu sehr den A… aufreißen”. Also, dass sie sehr, sehr viel Arbeit und Engagement in ihr Business investieren und dafür relativ wenig rausbekommen. Und dass er sich fragt, warum die sich das alle antun.

Darauf ich: “Und bei dir? Ist es da nicht genauso?”

Er: “Ja, eh.”

Wir Solopreneure haben alle unsere Gründe, warum wir uns “das antun”.

Schachnovelle

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Stefan Zweig schreibt in seiner Schachnovelle:

Nun bin ich zeitlebens nie ein ernstlicher Schachkünstler gewesen, und zwar aus dem einfachen Grunde, dass ich mich mit Schach immer bloß leichtfertig und ausschließlich zu meinem Vergnügen befasste; wenn ich mich für eine Stunde vor das Brett setze, geschieht dies keineswegs, um mich anzustrengen, sondern im Gegenteil, um mich von geistiger Anstrengung zu entlasten. Ich ,spiele‘ Schach im wahrsten Sinne des Wortes, während die anderen, die wirklichen Schachspieler, Schach ,ernsten‘ […]. 

Und du? “Spielst” du dein Solo-Business, oder “ernstest” du es?

Antikapitalist e.U.

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Unlängst habe ich einen Solopreneur kennengelernt, der sich selbst als “Antikapitalisten” bezeichnet.

Was wie ein Widerspruch in sich klingt, macht total Sinn, wenn man ihn genauer kennenlernt.

Im Lifestyle Entrepreneurship gibt es wirklich nichts, was nicht möglich wäre – wenn’s passt.

Neu und billig

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Ein intuitiver Zugang von Gründer:innen, v.a. wenn sie neu in einer Branche sind: Ich habe auf dem Markt (noch) keinen Namen, also mache ich es billiger. Viel billiger. Für einen Bruchteil des Geldes. Sodass mein Angebot quasi ein no-brainer ist.

Ich bin skeptisch, ob das bei Wissensprodukten wie z.B. einem Online-Kurs funktioniert. Weil: Wissensprodukte sind Vertrauensgüter. Und bei Vertrauensgütern geht es zuerst um Vertrauen und erst dann um den Preis.

Oder umgekehrt ausgedrückt: Ein sehr niedriger (zu niedriger?) Preis kostet Vertrauen. Und dann wird es passieren, dass die Verkäufe nicht stattfinden, weil der Preis so niedrig ist (so paradox das auch klingen mag).

Bestärkung

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Es ist total super, wenn du jemanden an deiner Seite hast, der deine neueste Geschäftsidee kritisch hinterfragt. Der die Lücken in deinen Überlegungen aufdecken kann und der sich nicht scheut, auch mal eine unangenehme Frage zu stellen.

Aber manchmal wünscht man sich einfach nur jemanden, der sagt: “Mach! Ich glaube an dich! Du schaffst das!”

Unrentabel

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Der Betriebswirt in mir sagt:

80 % der Tasks auf deiner To-Do-Liste könntest du getrost streichen, weil sie keinerlei Auswirkungen auf deinen Betriebserfolg (= Gewinn) haben.

Mindestens.

Weiches Ei?

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Ein konkretes Angebot ist extrem wichtig, damit man sieht, was bei dir überhaupt möglich ist.

Es macht einen Riesenunterschied, ob man ein weiches Ei angeboten bekommt oder ob man danach fragen muss.

Erfolgreiche Podcasts

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Was Podcaster:innen immer wieder beschäftigt: Was kann ich von anderen Podcasts bzw. anderen Podcaster:innen lernen? 

Aber ich frage mich: Gibt es tatsächlich Best Practices, von denen ich mir für meinen Podcast etwas abschauen kann, oder sind die Ausgangslagen, die Ziele und das Publikum der verschiedenen Podcasts viel zu unterschiedlich? Sollten wir nicht lieber aufhören, uns zu vergleichen und lieber konsequent unser Ding durchzuziehen?

Und: Welche Rolle spielen Glück oder glückliche Umstände beim Erfolg eines Podcasts? Kann man das Glück “herstellen” oder zumindest begünstigen? Wenn ja, wie?

Und sind die Erfolgsfaktoren, welche die erfolgreichen Podcaster im Nachhinein nennen, tatsächlich ausschlaggebend gewesen oder reimen sie sich, im Sinne des Dunning-Kruger-Effekts, post-hoc irgendwas zusammen?

Sich anbieten vs. etwas anbieten

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Sich anbieten: Sag mir, was ich für dich tun kann. Ich helfe dir gerne und so gut ich kann. Du kannst von mir alles haben. Sag mir einfach, was du brauchst.

Etwas anbieten: Schau her, das mache ich. Das biete ich dir sehr gerne an. Willst du es haben?

Beide Ansätze haben ihre Berechtigung, und beide Ansätze haben ihren Wert.

Im Business gilt allerdings: Wer sich anbietet, überlässt dem Kunden die Definitionsmacht. Mitunter ist der Kunde mit der Aufgabe zu definieren, was er eigentlich braucht, überfordert.

Und: Wer sich anbietet, der wird entmutigt, wenn die Kunden nur verhalten reagieren und (gerade) nichts brauchen.

Neue Ideen

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Es ist praktisch unmöglich, die Zukunft unvoreingenommen zu denken.

Alle unsere “zukünftigen” Ideen beruhen auf unseren bisherigen Erfahrungen.

Wir können nur denken, was wir kennen.

Wir können uns nur vorstellen, was wir schon mal irgendwie gesehen haben. 

Plötzlich einer mehr

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Unlängst war ich bei einer Führung dabei. Am Anfang waren wir zu acht, und irgendwann waren wir plötzlich neun. Ein regulärer Museumsbesucher hat sich der Führung angeschlossen. Einfach so, ohne zu fragen und (natürlich) auch, ohne dafür zu bezahlen.

Eine eigenartige Situation. Für die Teilnehmer der Führung, die sich vielleicht denken: Haltaus! Der hat sich da was erschlichen, wofür ich eigentlich bezahlt habe. Der gehört ja gar nicht dazu! Gesagt hat aber keiner was.

Gesagt hat auch die Führerin nichts, obwohl ich mir sicher bin, dass sie es bemerkt hat. Sie hat ihn einfach in die Gruppe aufgenommen. Wahrscheinlich hat sie sich gedacht: Einer mehr oder weniger, ist ja auch wurscht.

In dieser Anekdote zeigt sich das Grundproblem von Wissen bzw. Wissensprodukten: Anders als die meisten Güter verbraucht sich Wissen nicht. Der Mann, der sich der Gruppe angeschlossen hat, ohne zu bezahlen, nimmt niemandem der zahlenden Besucher Wissen weg. Er schaut ihnen nichts weg, er hört ihnen nichts weg, er denkt ihnen nichts weg.

Den Zugang zu Wissen zu beschränken, ist daher immer mehr oder weniger willkürlich und künstlich (siehe hier). Und das macht das Marketing von Wissensprodukten so besonders herausfordernd (siehe hier).

Leiwand sein kostet nichts

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Alles wird einfacher, wenn du ein bisschen leiwand bist – für deine Familie, für deine Kund:innen und nicht zuletzt für dich selbst.

Leiwand zu sein ist optional, und viele entscheiden sich dagegen. Tag für Tag.

Aber stell dir ein Leben (oder ein Business!) vor, wo du leiwand bist und die Menschen um dich sind auch leiwand.

Unbezahlbar!

[Danke Martin Schmidt für diesen Gedanken!]

Unsicherheit ist ansteckend

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Sobald du Unsicherheit in deinen Angeboten hast, überträgt sich diese Unsicherheit auf deine Kunden.

Beispiel: Du bietest auf deiner Website drei sehr ähnlich aussehende Angebote zu unterschiedlichen Preisen an, weil du dir nicht ganz sicher im Angebots-Design und/oder im Pricing bist.

Deine Kunden jedenfalls können den Unterschied zwischen den drei Angeboten nicht erkennen. Und das ist ein Problem.

Denn sie werden jetzt nicht hergehen und sich bei dir melden, damit du ihnen den Unterschied in aller Ruhe erklären kannst.

Sie werden sich denken: Okay, ich kenn mich nicht aus… Dann lieber nicht.

Klarheit erleichtert Entscheidungen. Und diese Klarheit beginnt immer bei dir – und nicht bei deinen Kunden.

Reisen ins Unbekannte

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Unlängst teilte der Reiserechts-Experte Ansgar Staudinger in brand eins seine Beobachtung, dass viele Reisende in Gebiete reisen, “deren Namen sie nicht einmal richtig buchstabieren können”.

Und so kommt es, dass diese Reisenden dort böse Überraschungen erleben. Dass nicht das eintritt, was sie sich ausgemalt hatten. Und dass sie dann unzufrieden sind.

Mit ein bisschen Vorab-Recherche wäre das vermeidbar gewesen.

#notetoself

Herumeiern

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Manfred Winterheller sagt: Du darfst Herumeiern nicht mit Aktivität verwechseln.

“Herumeiern” sind Tätigkeiten, die keine Konsequenz haben. Die nicht geradlinig sind. Ein Herumlavieren, dessen eigentliches Ziel es ist, negative Emotionen und Konflikte zu vermeiden.

Herumeiern bedeutet, nicht das zu tun, was zu tun ist. Keine Verantwortung zu übernehmen. Nur dein Eindruck zu erwecken, als würde man sich kümmern.

Der bessere Zugang wäre: Ich übernehme Verantwortung für den Erfolg – in meinem Business, in meiner Familie und in meinem Leben generell.

Zentimeter

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In einem Lifestyle Business geht es nicht um Kilometer oder Meilen. 

In einem Lifestyle Business geht es um Zentimeter

Einen Zentimeter nach dem anderen.

Wie’s gehört

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Man muss als Unternehmer:in nicht unbedingt etwas Neues machen.

Sondern: Etwas so machen, wie es eigentlich gehört.

Da liegt ein Riesenpotenzial drinnen.

Die WKO und die Lifestyle-Teilzeit

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Die WKO, meine gesetzliche Interessenvertretung, hat das “Problem” der Lifestyle-Teilzeit für sich entdeckt.

In einem Artikel der WKNÖ-Zeitschrift (Ausgabe August 2025, S. 23) erläutern Präsident Ecker und Direktor Schedlbauer die (aus ihrer Sicht) notwendigen Maßnahmen, um “dem zunehmenden Arbeitskräftemangel entgegenzuwirken”:

  • Freibetrag für bei Vollzeitarbeit, um die Bemessungsgrundlage der Einkommenssteuer zu senken.
  • Absetzbetrag für die Vollzeitarbeit.
  • Senkung des Steuertarifs in den mittleren Tarifstufen.
  • Anhebung der zweiten und dritten Einkommenssteuerstufe.

“Diese Maßnahmen seien nötig, um Vollzeitarbeit attraktiver zu gestalten und dem Mitarbeitermangel in allen Branchen erfolgreich zu begegnen”, so Ecker und Schedlbauer.

Wenn ich das so lese, dann komme ich zu dem Schluss, dass die WKO anscheinend nicht durchschaut hat, worum es beim Phänomen “Lifestyle-Teilzeit” wirklich geht. Wer freiwillig weniger arbeitet, als er könnte, macht das nicht, weil er zu wenig verdient. Er macht das, weil er genug verdient und kein Interesse hat, mehr zu arbeiten. Er will seine Lebenszeit lieber anderswo einsetzen als an seinem Arbeitsplatz.

Deswegen werden Steuersenkung-Maßnahmen überhaupt gar nichts ändern. Den Leuten ist ihre Zeit mehr wert als Geld.

Wenn die WKO sagt, sie hat das Ziel, “die Lifestyle-Entscheidung Teilzeit statt Vollzeit zu arbeiten, unattraktiver zu machen”, dann gehen diese Maßnahmen also am Ziel vorbei. Aber komplett vorbei.

Und ich muss mich fragen: Kann es wirklich sein, dass die WKO überhaupt nicht verstanden hat, was die wirklichen Motive für “Lifestyle-Teilzeit” sind?

Oder interessieren die WKO die wirklichen Motive in Wahrheit gar nicht, weil sie das Thema “Lifestyle-Teilzeit” nur instrumentalisiert, um eigentlich eine ganz andere Agenda voranzubringen?

Als zahlendes Mitglied würde mich das schon interessieren. (Und: Ob sie nicht eigentlich was Besseres zu tun hätten.)