Tag#BWL

Kalkulatorische Löhne für Idealisten

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Meine Beobachtung: Die meisten idealistisch motivierten Solopreneure vergessen, ihre eigene Arbeitszeit zu kalkulieren.

Du gründest ein Business, weil du die Welt ein bisschen besser machen willst. Nachhaltigkeit, Gemeinwohl, faire Produkte. Und du denkst dir: “Ich kann ja erstmal auf mein Gehalt verzichten. Für den Anfang.”

Aber: Deine Arbeitszeit kostet Geld. Immer. Auch am Anfang. Auch wenn du sie gerade nicht bezahlt bekommst. Auch wenn du für eine gute Sache arbeitest.

In der BWL nennt sich das kalkulatorischer Lohn. Du rechnest deine Zeit mit einem realistischen Stundensatz in deine Kosten ein – auch, wenn du das Geld gerade nicht ausbezahlst.

Ich sehe das immer wieder in Beratungsgesprächen. Die Rechnung geht auf – aber nur, weil 40 Stunden unbezahlte Idealismus-Arbeit pro Woche nicht mitgerechnet wurden.

Das funktioniert vielleicht ein Jahr. Oder zwei. Aber dann brennst du aus.

Ein Business, das nur funktioniert, wenn du dich selbst ausbeutest, ist kein nachhaltiges Business. Das ist ein Hobby mit Existenzangst.

Fachkräfte-Überschuss

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Jahrelang hat man gehört, dass der sogenannte “Fachkräftemangel” ein Riesenproblem für die österreichischen Industrie sei.

Aktuell liest man darüber nichts mehr. Vielerorts wird Personal abgebaut, z.B. hier.

Und dann wird man in ein paar Jahren genau dort darüber jammern, dass die Fachkräfte fehlen.

Man muss kein Guru sein, um das vorauszusehen.

Versprochen – Gebrochen

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Zalando hat jahrelang mit „Schrei vor Glück oder schick’s zurück!” Kund:innen angelockt. Jetzt drohen sie genau diesen Kund:innen mit Bestellverboten, wenn sie zu oft retournieren.

Das Muster dahinter: Erst bauen sie sich einen Kundenstock mit einem leiwanden Versprechen auf. Dann kommen sie drauf, dass dieses Versprechen zu halten teuer ist. Und dann, wenn sie groß genug sind, streichen sie es wieder – aus Kosten- oder „Nachhaltigkeits”-Gründen.

Es stimmt schon: Wenn du ein großzügiges Versprechen gibst, wird es immer einige geben, die es über Gebühr ausnützen. Aber das musst du dir überlegen, bevor du dein Versprechen gibst. Das war ja abzusehen. Entweder gilt dein Versprechen – oder nicht.

Große Konzerne können sich so ein Theater leisten. Sie schwindeln sich raus, verlieren dabei Vertrauen, aber haben genug Marktmacht, dass es wurscht ist.

Wir Solopreneure können uns das nicht leisten. Wenn wir ein Versprechen geben, müssen wir es halten. Punkt.

Deshalb: Überlege dir vorher, was du versprichst. Kalkuliere die Kosten mit ein. Und dann stehe dazu – auch wenn’s manchmal teuer wird.

Unrentabel

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Der Betriebswirt in mir sagt:

80 % der Tasks auf deiner To-Do-Liste könntest du getrost streichen, weil sie keinerlei Auswirkungen auf deinen Betriebserfolg (= Gewinn) haben.

Mindestens.

Free Walking Tour

F

Bei einer Free Walking Tour musst du dich als Tourguide echt ins Zeug legen, damit du am Ende dein Trinkgeld bekommst.

Deswegen sind diese Touren meistens auch sehr gut. 

Am Popo vorbei

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Hört man immer wieder: Chefs, die sich darüber beklagen, dass ihre Mitarbeiter:innen nicht mitdenken. Dass man ihnen alles sagen muss. Dass ihnen alles wurscht ist.

Was ich eher glaube: Es ist nicht so, dass den Leuten alles komplett wurscht wäre. Das sind ja keine dummen Menschen. Aber wenn es ihnen weniger wurscht wäre, dann müssten sie mehr Verantwortung übernehmen — und das tun die wenigsten gern.

(Zumal die meisten Chefs das auch nicht haben wollen. Mehr Verantwortung könnte ja bedeuten, dass die Mitarbeiter mehr Geld fordern.)

Dann doch lieber ignorant. 

Product first

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Es ist unsere Kern-Aufgabe als Unternehmer:innen, für gute Angebote am Markt zu sorgen. 

Das ist unsere Rolle in der Marktwirtschaft. Dafür sind wir da, dafür werden wir gebraucht.

Alles andere (Marketing, Finanzen, Kundenbetreuung) sind nachgelagerte (unterstützende) Tätigkeiten.

Alles beginnt (und fällt) mit unseren Produkten.

Es lebe die Liquidität!

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Es gibt kein besseres Beruhigungsmittel im Solo-Business als eine hohe Liquidität.

Ein gut gefülltes Bankkonto sorgt dafür, dass du besser schläfst. Wer besser schläft, trifft bessere Entscheidungen. Wer bessere Entscheidungen trifft, entwickelt nützlichere Produkte. Und wer nützliche Produkte hat, wird das positiv am Bankkonto spüren.

Es ist also ein sich selbst verstärkenden Kreislauf. Aber alles beginnt bei deinem finanziellen Polster.

Der Preis eines Teams

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Unternehmer:innen mit Mitarbeiter:innen sagen über eben diese Mitarbeiter:innen oft Sachen wie:

  • “Das müsste ihnen ja eigentlich klar sein!” oder
  • “Aber sie verstehen es einfach nicht!” oder
  • “Aber es ist ihnen wurscht!” oder
  • “Wenn’s ich nicht mache, dann macht es niemand.” oder
  • “Sie rufen mich an, weil sie dann wissen, dass es gemacht wird.”

Unternehmer:innen mit Mitarbeiter:innen haben in der Regel höhere Umsätze als Solopreneur:innen.

Aber sie zahlen auch ihren Preis dafür.

Attila Dogudan spricht

A

Unlängst war ich bei der Hauptversammlung von Do&Co. Dort habe ich vom CEO, Attila Dogudan, folgendes gelernt:

  1. “Alles, was wir tun, ist das Skalieren eines Restaurants.” — Egal ob im Flugzeug oder im Fußballstadion: Wenn’s in einem Restaurant nicht funktioniert (= schmeckt), funktioniert’s auch nicht woanders.
  2. “Es geht immer um den Kunden. Es geht immer um ein innovatives Kundenerlebnis.” Der Mehrwert für den Kunden steht immer im Vordergrund.
  3. “Do&Co verkauft nicht einfach nur Essen. Wir verkaufen Erlebnisse.” Das nennt Attila Dogudan als Schlüssel für die hohe Kundenzufriedenheit.
  4. Der Aufsichtsrats-Chef sagt, dass im Vorstand der Einsatz “außerordentlich” ist — sowohl zeitlich als auch von der Passion her. Hier sind sehr leidenschaftliche, fleißige Leute am Werk. Man könnte, weniger fein, auch sagen: Es sind Spinner. Getriebene. Echte Unternehmer halt.
  5. Zeigen, wofür man steht — nicht nur, was man tut. Das ist für Do&Co noch eine Challenge, besonders gegenüber ihren jungen Mitarbeiter:innen.
  6. Das Problem mit der Gen Z durch die Brille von Attila Dogudan: Do&Co steht im globalen Wettbewerb, und da setzt sich durch, wer Qualität liefert. Und Qualität braucht braucht Mitarbeiter:innen, die diese Qualität auch leisten können. (Nicht gesagte Schlussfolgerung: Und wer nicht entspricht, dem muss man die Wadln vire richten — oder den Weisel geben.)
  7. Attila Dogudan meint, durch KI könnte in Zukunft der waste (= das Essen, das weggeschmissen wird) um 20 – 30 % reduziert werden. Das wäre ein Riesending — ökonomisch, aber auch für’s Klima.
  8. Es wird viel Wirbel um vegetarisch und vegan gemacht. Die Praxis zeigt aber: Wenn die Leute frei wählen können, dann werden nur 6 % vegetarische und 2 % vegane Speisen gewählt.
  9. Do&Co zieht sich lieber aus einem Geschäft zurück, als dass man Kompromisse machen muss bei der Qualität.
  10. Der Weg zu (noch) höheren Margen ist eine (noch) bessere Auslastung.
    • Vgl. Geoff Burch: “Of all the enterprises that come to me to say they have failed, the biggest cause is a lack of work.”

Zorres mit Meta

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Meta hat in letzter Zeit massenhaft Accounts gesperrt. Kommentarlos. Ohne nachvollziehbare Begründung. Und angeblich ist es alles andere als leicht, die Sperre wieder rückgängig machen zu lassen.

Viele Solopreneure haben von der Reichweite profitiert, die durch die Quasi-Monopolstellung von Facebook und Instagram entstanden ist.

Jetzt müssen sie mit der dunklen Seite des Monopols klarkommen.

Kinder machen Business

K

Unlängst habe ich einen Vormittag lang in der dritten Volksschulklasse meines Sohnes unterrichtet. 17 Neunjährige, eine Lehrerin und ich haben ein Unternehmen gegründet: einen Apfelsaft-Stand.

Dieses Projekt war, wie man sich vorstellen kann, in mehrerlei Hinsicht spannend. Aber eine Erkenntnis hat sich mir besonders eingeprägt:

Die Probleme, die Neunjährige bei der Zusammenarbeit in mehreren Teams haben, sind haargenau dieselben wie bei den Erwachsenen.

Oder, anders formuliert: Erwachsene haben immer noch die gleichen Probleme wie Neunjährige, wenn sie in verschiedenen Abteilungen zusammenarbeiten sollen – und oft auch noch haargenau die gleichen Lösungsstrategien.

Me too

M

Die Marktwirtschaft hat eine wunderbare Eigenschaft: Jeder darf mitspielen. Du musst niemanden um Erlaubnis fragen.

Du hast ein gutes neues Angebot? Dann biete es am Markt an! Zeig es her, stell es anderen Menschen vor – und der Markt wird dich belohnen, wenn deine Idee wirklich so gut war, wie du dachtest.

Aber auf das zwanzigste Me-Too-Produkt hat aber niemand gewartet. Mit 08/15 wird der Markt dich eiskalt abservieren.

Die Aufgabe des Unternehmers ist die Innovation, sagt Joseph Schumpeter. Das Bessere. Das Passendere. Das Zugänglichere.

“Me Too” fehlt die Innovationskraft, und deswegen wird “Me too” vom Markt bestraft.

“Me too” ist als Anspruch einfach viel zu wenig.

Das fragmentierte Business

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Das “fragmentierte Business” ist die vielleicht größte Herausforderung für Solopreneure überhaupt.

Wir entwickeln ein leiwandes neues Produkt, aber es hängt in der Luft, weil es keine Gesamtstrategie gibt, in die es sich einordnen könnte.

Oder vielleicht gibt es sogar sowas wie eine Produkt-Strategie, aber wir scheren uns gerade nicht drum, weil wir dieses neue Produkt für so genial und revolutionär halten, dass wir es einfach machen müssen.

Die besten Solo-Businesses sind “langweilig” in dem Sinn, dass alles seinen Platz hat. Es gibt keine Lücken, und es gibt keine Irrläufer. Eines folgt logisch auf das andere. Es gibt keine Ablenkungen – nicht für die Kund:innen und nicht für den Solopreneur.

Ein gutes Solo-Business wird regelmäßig “defragmentiert” – wie eine Festplatte. Ein gutes Solo-Business ist “sauber”. Diese Sauberkeit ist aber kein Zufall, sondern zeugt von der Meisterschaft eines Solopreneurs im Vermeinden der Fragmentierungsfalle.

[Danke Monika Birkner für dieses wichtige Konzept!]

Lehrbuch-BWL

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Die “reine Lehre” der BWL wäre in der Praxis gar nicht umsetzbar.

Es gibt in der Praxis keinen einzigen Betrieb, der sich nach einem BWL-Lehrbuch, also “lehrbuchmäßig” führen lassen würde.

Auch insofern stellt sich die Frage, warum die BWLer auf so einem hohen Ross sitzen?!

BWL: Teuer, aber nutzlos

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Wenn jemand 5 Jahre in der HAK war und danach BWL studiert hat (3 Jahre Bachelor, 2 Jahre Master), dann hat er/sie 10 Jahre BWL-Ausbildung intus.

10 Jahre!

Bei allem Respekt vor der BWL: Die Betriebswirtschaftslehre ist keine Raketenwissenschaft, die man 10 Jahre studieren müsste, um sie zu verstehen. Wirklich nicht.

So lange BWL-Ausbildungen verursachen hohe volkswirtschaftliche Kosten für stark abnehmende Grenzerträge. Soll heißen: Der Nutzen von BWL-Ausbildungen ist im ersten Jahr am höchsten und nimmt mit jedem weiteren Jahr deutlich ab. Ich gehe so weit zu behaupten: Der Grenznutzen wird in den letzten Ausbildungsjahren sogar negativ!

Mit anderen Worten: Die Inhalte, die man in den letzten Ausbildungsjahren lernt, schaden dem Verständnis für BWL sogar. Die Lehre muss ja mit den Jahren immer “theoretischer” werden (mit den wirklich relevanten praktischen Inhalte ist man ja in kürzester Zeit “durch”), und es ist daher kein Wunder, dass viele BWL-Student:innen sagen, dass sie im Studium kaum was gelernt haben, das sie später tatsächlich “brauchen”.

Ich behaupte: Durch eine so lange BWL-Ausbildung wird das Verständnis für die tatsächlich wichtigen BWL-Grundkonzepte nicht gefördert, sondern erschwert.

Das klingt paradox, aber ich bin mir sicher: Weniger wäre viel mehr im BWL-Studium.

Fachkräftemangel gelöst

F

Es klingt ja auf’s erste Hinhören sehr schlau: Wenn es zu wenige Köche gibt, dann muss man sie halt besser bezahlen! Dann wird es auch mehr Köche geben!

Ja, stimmt schon. Wenn man das Gehalt der Köche verdoppelt, dann hat man doppelt so viele Bewerber – aber nur mehr halb so viele Gäste. 

Weil die Gastronomiebetriebe diese höheren Personalkosten an ihre Gäste weitergeben müssen, aber die Gäste nicht bereit sind, mehr für’s Essen im Gasthaus zu bezahlen. Dass ein Rechtsanwalt teuer ist, okay – aber beim Schnitzel hört sich das Verständnis auf!

Aus dem Fachkräftemangel in der Gastronomie kommt man nicht so leicht raus, wie man auf den ersten Blick vielleicht glaubt.

Es sind nämlich nicht (immer) die gierigen Kapitalisten, die ihr Personal ausbeuten und höhere Löhne verhindern — sondern (oft) die gierigen Konsumenten.

Das Klimaticket wird teurer

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Eine Maßnahme im aktuellen Sparpaket der Bundesregierung, die mir besonders missfällt: Der Preis des bundesweiten KlimaTickets wird von derzeit 1.095 Euro im August auf 1.300 Euro erhöht – und im Jänner 2026 dann nochmal auf 1.400 Euro.

Man kann diese Entscheidung berechtigterweise klimapolitisch hinterfragen, aber ich möchte mir den betriebswirtschaftlichen Aspekt davon anschauen.

Die Überlegung hinter der Preiserhöhung lautet wahrscheinlich ungefähr so:

Es gibt in Österreich ca. 300.000 Nutzer:innen des bundesweiten KlimaTicket. Wenn der Preis um 200 Euro erhöht wird, dann bedeutet das Mehreinnahmen von 60 Mio. Euro.

Nur stimmt diese Rechnung halt nicht. Weil die Elastizität der Nachfrage nicht berücksichtigt wurde. Ich behaupte nämlich, es gibt gar nicht so wenige Menschen (wie mich), die das KlimaTicket aktuell gar nicht voll ausnutzen, aber dessen Convenience schätzen. Und diese Menschen sagen jetzt: So ein KlimaTicket ist zwar super, aber für mich als Gelegenheitsnutzer zahlt es sich jetzt einfach nicht mehr aus. Jetzt ist eine Schmerzgrenze überschritten, das ist mir zu teuer.

Wenn sich das 20 % der bisherigen KlimaTicket-Nutzer:innen denken und kein Klimaticket mehr kaufen, dann fehlen plötzlich 60.000 Kund:innen – und damit auch deren Umsatz. Und das wiederum würde bedeuten, dass 66 Mio. Euro weniger ins Budget fließen als vor der Preiserhöhung.

Also ein klassisches Verlustgeschäft.

Ich fürchte daher: Diese Maßnahme nicht nur schlecht für’s Klima, sondern bringt auch nichts für die Budgetsanierung.

Kurz: Eine ganz schlechte strategische Entscheidung.

Der vorsichtige Kaufmann

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Bei den österreichischen Bilanzierungsregeln gilt das “Prinzip des vorsichtigen Kaufmanns“.

Für mich ist es Ausdruck der österreichischen Seele, und gleichzeitig macht es etwas mit uns.

Wer Vorsicht zum unternehmerischen Prinzip erklärt, braucht sich nicht wundern, wenn wenig wirklich Innovatives herauskommt.