Tag#Alltagsgeschichten

Ein großer Aufwand

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Wolfgang Ambros spielt im Sommer 2023 einige Konzerte gemeinsam mit Gert Steinbäcker, das erste S von STS.

Der Plan ist, dass jeder von den beiden eine Stunde plus Zugaben spielt. Und dann, eventuell, noch ein Lied gemeinsam, aber: „Wir müssen uns noch zusammensetzen und das genauer besprechen“, sagt Gert Steinbäcker.

Wolfgang Ambros sieht das hingegen viel pragmatischer: „Was sollen wir gemeinsam spielen? Das sagt sich so leicht und man stellt es sich einfach vor, aber in Wirklichkeit muss man sehr viel dafür proben. Das ist ein großer Aufwand für ein oder zwei gemeinsame Lieder.“

Und diesen Aufwand zu betreiben, das scheint Wolfgang Ambros nicht mehr zu wollen.

Zumindest ist er ehrlich.

Teilzeit-Diskussion

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Bei uns in Österreich wird gerade eine Diskussion geführt, ob Menschen, die in Teilzeit arbeiten, nicht auch weniger Sozialleistungen bekommen sollte (z.B. hier). Nach dem Motto: Wer weniger leistet, soll auch weniger bekommen.

Mich verstört Diskussion, weil ich mich frage: Was ist die Agenda dahinter?

Warum kommt das Thema ausgerechnet jetzt auf? Wer will da was für wen erreichen? Welche Argumente sind echt, und welche sind nur vorgeschoben?

Wem nützt es, eine Neiddiskussion auszulösen und Vollzeitmitarbeiter gegen Teilzeitmitarbeiter auszuspielen?

Existieren diese unterstellten „faulen Schweine“, die nur Teilzeit arbeiten und dann den Rest des Tages nur Netflix schauen, überhaupt? Und wenn ja, wie viel Prozent der Teilzeitkräfte sind das wirklich? Wer kann diese Zahlen liefern, und warum werden sie nicht geliefert?

Oder ist das womöglich überhaupt eine reine Phantomdiskussion, die hier inszeniert wird?

(Und ganz abgesehen davon: Die reine Arbeitszeit als Maßstab dafür herzunehmen, wer wie viel Sozialleistung “verdient”, ist höchst fragwürdig. Teilzeitkräfte sind oft produktiver als Vollzeitkräfte, das weiß man schon sehr lange. Die Produktivität wäre der viel geeignetere Indikator, wenn schon über Leistung diskutiert wird. Aber damit würden wir eine viel tiefgreifendere und substanziellere Diskussion führen müssen. Und wer würde das wollen?)

Waschmaschine

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Unlängst war unsere Waschmaschine kaputt.

Ich war entschlossen, sie selbst zu reparieren. Ich bin ja ein geschickter Bursche, es gibt genügend Youtube-Videos, und so schwer kann das ja nicht sein.

Drei Reparaturstunden später musste ich mir eingestehen, dass das alles doch nicht so einfach ist, wie es auf den ersten Blick scheint und dass ich wohl doch lieber einen Profi ran lassen sollte, der weiß, was er tut.

Der Profi war dann zwei Tage später im Haus. Im Endeffekt hat es ihn mehr Zeit gekostet, meine Reparaturversuche wieder zu korrigieren, als wenn ich ihn gleich gerufen hätte.

What do we learn, Palmer? What do we learn?

Gründerinnen müssen Haie sein

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Meint die New Yorker Unternehmerin Sophia Sunwoo in brand eins.

Obwohl ich nachvollziehen kann, wo der Gedanke herkommt (zumal es Frauen in allen Bereichen schwerer haben als Männer, immer noch), fürchte ich, dass er in die Irre führt.

Man verändert ein Problem nicht dadurch, dass man mehr von dem macht, was das Problem eigentlich verursacht hat.

Mogelpackungen

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Shrinkflation nennt sich der Trend, dass die Füllmenge von Packungen abnimmt, aber der Preis gleich bleibt.

Ein Beispiel: Das Packerl Haribo Goldbeeren kostet noch gleich viel wie vor einem Jahr, allerdings waren früher 200g Gummibäri drinnen und jetzt sind es nur noch 175g. Die Abnahme der Füllmenge entspricht eigentlich einer Preissteigerung um 12,5%.

Konsument*innen und deren Schützer sind darüber empört, und das kann ich nachvollziehen.

Und doch frage ich mich: Wenn im Packerl Chips früher 300g drinnen waren und jetzt sind es nur noch 200g… Ist das wirklich ein Nachteil? Meine (zugegebenermaßen subjektive) Erfahrung ist, dass ich immer ein ganzes Packerl Chips aufesse – egal, wie viel drinnen ist. Aber nicht zwei Packerl. Wenn ich jetzt nur noch 200g von diesem wohlschmeckenden, aber ungesunden Zeug esse statt früher 300g, dann müsste ich den Chips-Herstellern eigentlich sehr dankbar sein. Weil sie für mich etwas bewerkstelligen, was ich selber nicht hinkriege: Weniger Chips zu essen.

Shrinkflation könnte, so gesehen, also auch ein Tool sein, das wir zu unserem Vorteil einsetzen können – gerade weil wir weniger für unser Geld bekommen als zuvor.

Es mag zwar eigenartig klingen, aber nicht immer ist es schlecht für uns, wenn uns etwas gegen unseren Willen weggenommen wird.

Immer noch dort

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Vor zwanzig Jahren habe ich als Student für ein paar Jahre im Kunsthistorischen Museum gearbeitet. Ich war im Aufsichtsdienst und habe aufgepasst, dass den weltberühmten Bildern in der Gemäldegalerie nichts passiert.

Unlängst war ich wieder in der Gemäldegalerie, und da ist mir aufgefallen, dass ich den einen oder anderen Aufseher wiedererkannt habe, von damals.

Während ich mit meinem Studium auch diesen Studentenjob beendet habe, sind die immer noch dort.

Ich weiß nicht, was ich davon halten soll.

Nachhaltige Filmförderung

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Meine Kollegin an der FH St. Pölten, Monika Kovarova-Simecek, hat mir erzählt, dass SDG-Ziele zunehmend auch Kriterien sind bei der Vergabe von Filmförderungen.

Einerseits ist das natürlich super, dass endlich auch Überlegungen zur Nachhaltigkeit einfließen in Entscheidungen für Finanzierungen und Förderungen. Ist eh höchst an der Zeit.

Andererseits denke ich mir: Das ist ja ein Wahnsinn für die Filmproduzent*innen, v.a. für die kleinen. Was das für ein Mehraufwand ist, nun auch noch einen Nachhaltigkeitsbericht zu schreiben und vor ab schon zu überlegen: Wie stellen wir sicher, dass wir CO2-neutral sind? Wie stellen wir Diversity sicher? etc.

Weil: Ich nehme an, dass dieser Aspekt zu allen anderen Förder-Anforderungen dazu kommt, und nicht ein anderes Kriterium wegfällt.

Es wird wohl ein Mehr-Aufwand sein, was dazu führen wird, dass er auch als solcher behandelt wird.

Bad News

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Unlängst bei mir selbst beobachtet:

Ich war gut drauf. Dann habe ich auf einem Nachrichtenportal eine schlechte, aber aufregende Nachricht gelesen. Dann hat mich meine Frau beim Lesen unterbrochen, weil sie mich um was gebeten hat, und ich war ganz mies drauf. 

Was, Günter, lernst du daraus?

Hotelzimmer

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Von meinem Hotelzimmer aus höre ich, wie ein Mann am Gang ständig an eine Zimmertür klopft. Unablässig.

Der Mann lallt ein bisschen, er scheint betrunken zu sein. Hinter besagter Zimmertür dürfte sich seine Frau befinden, die aber kein Erbarmen mit ihm zu haben scheint. Er findet einfach keinen Einlass. Vielleicht hämmert er auch an die falsche Tür.

Ich habe natürlich keine Ahnung, was hier wirklich los ist. Was da gerade läuft.

In meinem Kopf ließe sich diese Geschichte in hundert Versionen erzählen, mit wechselnden Helden und Bösewichten, als Komödie genauso wie als Tragödie.

Welche dieser Versionen käme wohl am nächsten an „die Wahrheit“?

Und welche davon ginge mich überhaupt was an?

Verschlafen

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Ein italienischer Bischof hat die Weihnachtsmesse verschlafen, die er eigentlich zelebrieren wollte. Nach dem Abendessen wollte er sich kurz ausruhen und hat versehentlich den Wecker auf 10:50 statt 22:50 gestellt.

Als er drauf kam, war es zu spät. Ein Kollege musste den Gottesdienst für ihn leiten.

Als er verspätet zur Messe erschien, entschuldigte er sich bei der versammelten Gemeinde und sagte: „Wir dürfen uns nicht vor unseren eigenen Schwächen erschrecken.“

Was für ein wunderbarer Satz!

Mögen alle Menschen, die gerade im Begriff sind, sich selbständig zu machen, vor ihren eigenen Schwächen nicht erschrecken, welche die Selbständigkeit gnadenlos aufdecken wird.

[Quelle: orf.at]

Drei Missverständnisse

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Unlängst hat meine Frau versucht, mir ein Problem mit der Betreuung unserer Tochter im Kindergarten zu erklären.

Es hat drei Anläufe gebraucht, bis ich kapiert habe, was eigentlich Sache ist.

Das Ungewöhnliche daran ist nicht, dass ich meine Frau dreimal falsch verstanden habe.

Das Ungewöhnliche ist, dass ich es bemerkt habe.

Wenigstens

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Was man zu dieser unsäglichen Nachtzug-Fahrt von Berlin an Wien allerdings auch sagen muss:

Das Personal im Zug war ausgesprochen professionell und bemüht, im Rahmen ihrer beschränkten Möglichkeiten für die Passagiere das Beste aus der Sache zu machen.

Und meine Reklamation bei den ÖBB wurde innerhalb von 24 Stunden bearbeitet und der Schaden anstandslos gutgeschrieben.

Hier haben es die ÖBB sogar geschafft, meine Erwartungen zu übertreffen.

Versprochen ist versprochen

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Unlängst bin ich mit dem Nachtzug von Berlin nach Wien gefahren. Aus einen Grund, den ich bis heute nicht kenne, hatte dieser Zug aber den Schlafwagen, den ich eigentlich gebucht hatte, nicht. Einfach nicht da. Der Schlafwagen wurde durch einen Liegewagen ersetzt. Das bedeutete für mich: Statt des gemütlichen Einzelabteils im Schlafwagen, auf das ich mich gefreut hatte, ein Dreier-Abteil im Liegewagen mit zwei Mitreisenden, die das gleiche Schicksal ereilt hatte wie mich.

Die Stimmung unter den Fahrgästen war entsprechend schlecht. Eh klar: Die ÖBB hatten ihren Kund*innen ein Versprechen gegeben, und dieses Versprechen konnten die ÖBB nicht einlösen. Die Erwartungen der Kund*innen wurden nicht erfüllt. Das sorgt natürlich für Enttäuschung, für Ärger und schlechte Laune.

Wenn man etwas verspricht, muss man es halten. Das sage ich meinen Kindern und auch meinen Gründer*innen immer wieder. Das gilt für kleine Unternehmen genauso wie für die großen.

Unterschätzt

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Ich habe unlängst Dame gespielt – zum ersten Mal seit ca. 30 Jahren.

Mein Gegner hat mir die Spielregeln kurz erklärt, ich konnte mich leidlich gut erinnern, und damit ging’s auch schon los. Und was soll ich sagen: Ich habe meinen Gegner vernichtet.

Also Revanche. Und was soll ich sagen: Ich war siegessicher, an der Grenze zur Überheblichkeit. Daher habe ich viele kleine Fehler gemacht, war unkonzentriert und … mein Gegner hat kurzen Prozess mit mir gemacht.

Mein Learning: Man soll seinen Gegner nie unterschätzen – auch wenn er erst sechs Jahre alt ist.

Trainerwechsel

T

Die Admira hat also (wieder) einen neuen Trainer. Rolf Landerl folgt auf Roberto Pätzold.

Im Juni 2022, als Pätzold als Nachfolger von Andreas Herzog vorgestellt wurde, hieß es von den Vereinsverantwortlichen noch:

Wir haben uns bei der Verpflichtung des neuen Cheftrainers die notwendige Zeit genommen, sorgsam abgewogen und letztlich eine Entscheidung getroffen, von der wir vollends überzeugt sind. Roberto Pätzold trägt unsere Ausrichtung und Ziele vollends mit und ist von seinem Profil her prädestiniert, den notwendigen Neuanfang voranzutreiben.

Philip Thonhauser, Präsident

Jetzt, kein halbes Jahr später, sieht die Sache anscheinend anders aus:

Nach der Analyse der letzten Wochen mit Blick auf die Entwicklung der Mannschaft sind die Vereinsführung und die sportliche Führung gemeinsam zu dem Entschluss gekommen, dass wir eine personelle Veränderung vornehmen und Roberto Pätzold freistellen. 

Marcel Ketelaer, Sportvorstand

Irgendjemand hat sich da anscheinend gewaltig geirrt. Vielleicht der Trainer, vielleicht die Vereinsverantwortlichen, wahrscheinlich beide.

Aber die Frage bleibt: Wie kann etwas so falsch sein, das vor wenigen Monaten noch so richtig war?

PS: Ich wünsche dem neuen Trainer Rolf Landerl und der ganzen Mannschaft alles Gute für die Rückrunde.

Nulltbester

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Als ich unlängst beim Spielen Letzter geworden bin, meinte meine vierjährige Tochter, ich sei damit „Nulltbester“.

Tolles Reframing. 😁

Schöne Dinge

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Schönheit ist meistens mit Luxusartikeln verbunden.

Alltagsgegenstände sind meistens nicht schön, bestenfalls sind sie nicht schiach. 

Dabei wäre es oft gar nicht teuer, etwas schön zu machen.

Kuscheltiersegnung

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Die Religionslehrerin meines Sohnes hat sich etwas Nettes einfallen lassen: Zum Welttierschutztag durften alle Kinder ihre Lieblingsstoffiere mitnehmen, und die wurden dann gesegnet.

Mir gefällt die Idee deswegen so gut, weil sie uns an etwas Wichtiges erinnert: Wir alle, ob Groß oder Klein, haben unsere Talismane. Dinge, die uns wichtig sind. Dinge, die uns heilig sind.

Es tut uns gut, unsere ganz persönlichen Heiligtümer hin und wieder zu segnen, sprich: zu würdigen.

Erste Klasse

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Unlängst im Zug beobachtet:

Ein Papa fährt mit seinem kleinen Sohn im Railjet nach Wien, 1. Klasse. Der Kleine ist noch ein bisschen wackelig auf den Beinen. Als der Zug im Bahnhof einfährt und stehen bleibt, passiert das Unvermeidliche: Den Kleinen haut es um, er fällt auf seinen Popsch.

Der Papa sagt, nach einer Schrecksekunde: „Ah, nix passiert. Erste Klass‘ fallt ma net so hart.“

Rein logisch gesehen stimmt das natürlich nicht. Man fällt auch in der zweiten Klasse nicht härter. Aber gefühlsmäßig macht es schon Sinn: In der ersten Klasse fühlt man sich ganz generell vielleicht eine Spur besser – einfach deswegen, weil es die erste Klasse ist.

Oder, wie es Marcel Reich-Ranicki ausgedrückt hat:

Geld allein macht nicht glücklich, aber wenn man unglücklich ist, ist es besser, in einem Taxi zu weinen als in der Straßenbahn.

Erster Schultag

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Mein Sohn hat heute seinen ersten Schultag.

Wir werden von nun an beide viel zu lernen haben.